
Die Kriegerprinzessin ist in vielerlei Hinsicht ein Glückskind. Das fing vielleicht schon damals an, als sie mitten in der Nacht mit halbem Glückshäubchen, einem Herzfehler und tiefblauem Gesicht (und einer Nabelschnur, die sich mehrfach um ihren Hals gewickelt hatte), im größten Gewitter des damaligen Sommers geboren wurde. Sie ist das Kind, das wir am häufigsten in ein Krankenhaus fahren oder von dort abholen mussten. Egal, ob sie sich einmal die gesamte Lippe gespalten hatte und mit zwei Jahren stoisch - ihren Lieblingsesel an sich gedrückt - das Nähen der gesamten Lippe über sich ergehen ließ - mir trotzig in die Augen blickend und willens, diese Prozedur durchzustehen - oder ob wir eines Tages nach Hause kamen, den Kobold in heller Aufregung vorfanden, die Polizei sei dagewesen, die Motte sei vom Auto angefahren worden. Auch da holten wir später ein leicht trotziges und aufrecht stehendes Kind aus dem Krankenhaus. Nicht ohne bleibende Schäden, aber seelisch unversehrt.
Ich stehe voller Ehrfurcht vor diesem einen Kind, das mir so ähnlich ist und mich so sehr zur Weißglut bringen kann wie kein anderes. Mit dem ich mich bis aufs Blut streiten kann. Das gleichzeitig eine Sanftmut gegenüber anderen Lebenwesen an den Tag legt, die ihresgleichen sucht.
Und ich sehe voller Dankbarkeit und Staunen, wie das Leben und das Schicksal immer wieder ihre Hände über dieses willensstarke Geschöpf halten.
Wenn jemand etwas gewinnt, dann ist sie es. Wenn jemand etwas findet, an dem wir alle vorbeigelaufen sind, dann ist sie es. Wie beim Fahrradfahren, als wir alle über einen 20 Euro Schein gefahren sind und sie ihn sah und aufhob. Wie sie jeden Getränke- oder Essensautomaten überprüft und immer eine Münze findet. Zwei Euro hier, einen Euro dort, einen Schein auf der Straße... Kranke oder verletzte Tiere - findet nur sie und bringt sie mit nach Hause.
Sie ist das Kind, das ich Lose aussuchen lasse und mit jedem davon gewinne.
Sie ist auch dasjenige, das sich den gefährlichsten Situationen aussetzt. Das Kind, das am höchsten klettert, am tiefsten fällt, hundertprozentig den Dornenbusch oder das Brennesselfeld trifft, wenn wir anderen in der Buchenhecke landen. Sie ist heimlich an den Fluss gegangen, während er Hochwasser führte, reingefallen, kam wieder heraus. Sie ist abends zum Sportplatz geschlichen, eingesperrt worden, in der einsetzenden Dunkelheit über drei Meter Gitter geklettert.
Sie tanzt im zarten weißen Spitzenkleid mit ihren schimmernden rotgoldenen Haaren und schlägt unerbittlich zu, wenn sie sich verteidigen muss.
Niemand nimmt diesem Kind irgendetwas weg.
Wer viel Helligkeit in sich trägt, zu dem gehört auch die Dunkelheit.
Aber vom Schicksal geküsst - immer.
Einfach nur: wow!
vom 23.07.2019, 11.50
<3