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Nacht

Wie ich diese letzte halbe Stunde des Tages mit den Hunden draußen gerade genieße. Nur die drei Bären, der Sternenhimmel, die milde Frühlingsluft und ich. Haben sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt, betrachte ich ehrfürchtig diesen wunderbaren Garten, den ich Jahr um Jahr mehr nach meinen Vorstellungen formen kann. Ich rieche den Duft der Hyazinthen, ich freue mich über die Robinie, die neu austreibt und in einigen Jahren mit ihren einzigartig riechenden Blütentrauben ebenfalls blühen wird. Streiche über die zarten Weidenblättchen, wuschel durch Katzenminze, Zitronenmelisse und Pfefferminze und ergebe mich den Gerüchen, die ich endlich wieder wahrnehmen kann. Nicht so wie früher, aber ich kann wieder riechen. Und ich habe die leise Hoffnung, dass es besser wird. Irgendwann. Der Liguster ist so herrlich dicht, mit diesen unvergleichlich glänzenden Blättchen, in denen ich ertrinken möchte. Der Holunder, unter dem unser geliebter Norbert liegt. Die Blutberberitze, die dieses Jahr vielleicht fast schon den Namen Hecke verdient, das Brennesselfeld, das hunderten von Schmetterlingen Geburtsstätte sein wird, der Ginko, der von Hasi genährt wird, den wir vor so vielen Jahren gehen lassen mussten. Das blaue Tulpenfeld, die unzähligen Funkien, die ich überall im Garten verteilt habe, die Lebkuchensträucher, die im Moment noch nichts von dem erahnen lassen, was sie uns im Herbst schenken werden. Die Rosensträucher, die mich an meinen Großvater erinnern, wannimmer ich sie sehe. Die Fetthennen, der Mauerpfeffer, meine absoluten Lieblingspflanzen, was Anpassung an Umstände angeht. Noch das kleinste Teil überlebt und bildet eine neue kräftige Pflanze, egal, wie oft man es zerrupft, auseinanderreißt, zertrampelt, austrocknen lässt. Die Pfeifenwinde, die schon so schön flauschig grün wird, meine Hibiskussträucher, der Knöterich und Efeu einfach überall. Der Pflaumenbaum, der vor Jahren nur ein armseliges Stöckchen war und nun meterhoch in den Himmel ragt, voller Blüten, kräftig, mit seinen vier Stämmen und der jedes Jahr kiloweise köstliche Früchte trägt. Ich liebe alles daran, im Schutz der Nacht all dies abzugehen, innezuhalten und demütig und dankbar für dieses Leben zu sein, das mir so oft so viel mehr abzunötigen scheint als ich geben kann.

Kati 23.04.2025, 23.39

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Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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