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Nebel

Eine meiner größeren Errungenschaften ist es, in Erinnerungsträumen oft das Kunststück zu vollbringen, aus der Szenerie, in der ich mich befinde, herauszutreten. Plötzlich neben meinem Körper zu stehen, als Beobachter einen Schritt zur Seite zu gehen, angeekelt und fasziniert zu beobachten, was diesem Menschen gerade angetan wird. Je mehr Schritte ich zurückweiche, desto leichter wird es, bis das, was ich sehe, plötzlich hinter einem Bildschirm verschwindet. Es ist immer einer dieser alten Fernseherkästen, mit denen ich aufgewachsen bin. Ich kann alles sehen, ich kann alles hören, aber nurmehr als Beobachter eines schrecklichen Films, den ich zufällig angeschaltet habe. Ich entscheide mich, die widerlich schmatzenden Geräusche aus Blut und anderen Körperflüssigkeiten und gellenden Schmerzschreien leiser zu drehen, bis nur noch das Bild bleibt. Immer ferner, immer undeutlicher wird es, bis weißes Rauschen erscheint. Das ist normalerweise der Moment, in dem ich noch im Traum realisiere, dass ich träume und dass es nur Erinnerung ist. Im Dämmerzustand zwischen schlafen und wachen schaltet sich dann das Bewusstsein dazwischen: Wir schalten den Fernseher jetzt aus. Das müssen wir uns nicht mehr ansehen. Und auch wenn das Herz noch lautstark im Brustkorb pumpend davon zeugt, wieviel Adrenalin gerade wieder durch meinen Körper schießt, weiß ich doch, es ist vorbei. 
Eine weitere Nacht geschafft.
Ein weiteres Mal aufgewacht.
Überlebt. So lange schon.

Kati 26.11.2025, 08.03

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Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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