Blogeinträge (themensortiert)

Thema: Briefe

Mein geliebtes Kind.

Herzlichen Glückwunsch zum 15. Geburtstag.

Vor 15 Jahren spürte ich, wie meine Fruchtblase riss.
Du wolltest geboren werden, mit aller Kraft.

Ich rief deinen Vater an, der bei der Arbeit alles stehen und liegen ließ und nach Hause eilte. Während der Wehen schaukelte ich deine beiden Geschwister auf dem Schoß, hielt sie fest, hielt mich an ihnen fest, summte ein Lied nach dem anderen, bis dein Vater da war.

Es war keine Zeit mehr für das Krankenhaus, ich gebar dich in meine eigenen Hände und du warst so winzig und unendlich perfekt.

Meine größte Angst war, dass du in der Kälte würdest sterben müssen, aber dein Herz hörte bereits in der Geborgenheit und Wärme meines Körpers auf zu schlagen.
Das war der letzte Dienst, den ich dir erweisen konnte und für mich der Wichtigste.

Dein Leben im Schutz meines Körpers dauerte nur wenige Monate und du warst geliebt, ersehnt, von ganzem Herzen gewollt.

Du trägst drei Namen, wie alle unsere Kinder.
Auch du teilst dir den dritten Namen mit allen deinen Geschwistern.

Deine Geburtsurkunde in unserem Familienstammbuch zeigt klar und deutlich, dass du da warst.

Du warst da. Und du hast tiefe Spuren in unseren Herzen hinterlassen.

Ich wünschte nur, man hätte uns ein wenig mehr Zeit geschenkt.

Kati 28.09.2021, 06.00 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Lieber Schwiegervater,

als wir uns das erste Mal trafen, war ich 18 Jahre alt und hatte gerade heimlich deinen 26jährigen Sohn geheiratet. Ich war ein Akt des Aufbegehrens gegen dich, das habe ich später verstanden.
Und was für einer.
Wir fochten von Beginn an auf einer ganz eigenen Ebene. Ich stand für alles, was deine gutbürgerlichen Pläne für deinen Sohn vereiteln würde und das hast du mich deutlich spüren lassen. Einer deiner ersten Sätze zu mir lautete: „Dein Platz ist in der Küche.“. Und ich sagte: „Nein.“ Und du hast mich fassungslos angestarrt. Weil das etwas war, was nicht sein durfte in deiner Welt.
Und ich hielt deinem Blick stand.
Immer.
Trotzig, provozierend, arrogant und voller Leidenschaft.
Jeden deiner Hiebe habe ich pariert und im Laufe der Jahre wich unsere Härte gegeneinander einer leisen Form von gegenseitigem Respekt. Ob wir Augenhöhe erreicht haben, wage ich zu bezweifeln. Aber ich habe mich bemüht.

Als ich deinen Sohn endgültig verließ, standen wir nachts in der Dunkelheit und schwiegen gemeinsam.
Du wandtest dich zu mir um, hieltst die Arme auf und fragtest: „Ein letzter Tanz?“.
Als unsere Körper sich berührten, ahnte ich für einen winzigen Moment, wie sich erwachsene Männlichkeit anfühlen würde. Selbstsicherheit, Führung, Wissen.
Die Luft brannte.
Es war, als würde sich der jahrelange Kampf zwischen uns in diesem einzigen Moment entladen. Wir tanzten auf der schmalen Schneide zwischen unseren Sehnsüchten und unseren Verpflichtungen.
Du warst es, der nach einer gefühlten Ewigkeit zurücktrat und Lebewohl sagte.

Nun geht deine Reise weiter.

Heb mir einen Tanz auf, wenn wir uns wiedersehen.

Kati 01.08.2021, 22.00 | (0/0) Kommentare | PL

Du.

Vor 16 Jahren durfte ich das erste Mal die andere Hälfte meiner Seele berühren. Wir sind uns nachts das erste Mal begegnet, Dunkelheit um und den klaren Sternenhimmel über uns.

Vor 14 Jahren haben wir unser Versprechen aneinander auch offiziell gemacht.

Wir haben schon so unendlich viel erlebt.
Schönes.
Unschönes.
Sind miteinander erwachsen geworden.
Es gab Zeiten, in denen ich dich so tief gehasst habe wie ich dich liebte.

Wir haben gute Entscheidungen getroffen und auch schlechte. Jeder für sich, miteinander, manchmal Rücken an Rücken, mal Seite an Seite, aber immer beieinander.

Du kennst meine dunkelsten Geheimnisse.
Den tiefsten Schmerz, meine ungezügelte Wut.
Das Kind in mir genau wie den Wolf, der mir das Überleben erst ermöglicht hat.

Du erträgst den Abstand, den ich brauche. Bietest mir Nähe, ohne sie jemals zu fordern.
Bist stark genug, mir ein echter Gegner zu sein.
Souverän genug, meine Dominanz und meinen Besitzanspruch auszuhalten.
Weich genug, mich zu trösten.

Dein Verstand reibt sich an meinem, dein Körper antwortet nur mir.
Du treibst mich zur Weißglut, zu Wollust, zur Verzweiflung, in den Wahnsinn.
Kennst alle meine Knöpfe und drückst sie trotzdem nur, wenn ich das erlaube.

Du bist mein dunkler Engel.
Mein Wächter auf der Mauer.
Der Einzige, der auf beide Seiten sehen darf. 

Ich liebe dich.

Kati 30.05.2021, 18.00 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

Lieber Opa,

herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.

94 Jahre würdest du heute alt werden.

Der Kirschbaum hat wie immer an deinem Geburtstag die ersten Blütenknospen, um an deinem Todestag in 16 Tagen in voller Blüte zu stehen.

Ich vermisse dich. Immer noch. Ich weiß nicht, ob das jemals besser wird.
Niemand, der geliebt wird, ist wirklich tot. Und du wirst geliebt. Du bist lebendig. In meiner Erinnerung, in meinen Erzählungen, in dem, was ich den Kindern weitergebe. Und doch vermisse ich dich so sehr.

Vor zwei Jahren trat ein weiterer Hund in mein Leben, der Trottelige, du weißt schon. Ich wünschte, du hättest ihn noch erleben können. Du hast Hunde so verehrt, auch wenn du dir nie einen erlaubt hast.
In dem Moment, in dem ich gesehen habe, an welchem Tag er geboren wurde, wusste ich, dass er für mich ist.
Und er erinnert mich jeden einzelnen Tag so sehr an das, was du mir vermittelt hast. Dass das Leben nicht planbar ist. Nicht berechenbar. Dass man es nehmen muss, wie es kommt. Dass man Feste feiert, wie sie fallen. Dass Spaß ein Grund ist, etwas zu tun. Dass Liebe nichts mit Leistung zu tun hat. Das. Vor allem das ist etwas, das ich nur durch dich gelernt habe.

Ich wäre nicht der Mensch, der ich sein wollte, wenn es dich in meinem Leben nicht gegeben hätte.
Du warst so unperfekt, so fehlerhaft, so menschlich.
Und du hast mich geliebt. Unendlich. So wie ich dich geliebt habe. Das war lange Jahrzehnte die einzige Sicherheit, die es in meinem Leben gab.

Wenn ich aus meiner Kindheit und Jugend irgendetwas benennen sollte, das den entscheidenden Unterschied gemacht hat, dass ich nicht zu dem irren Psychopathen wurde, zu dem ich gemacht werden sollte, dann würde ich deinen Namen sagen.
Du warst meine Insel.
Die Burg in meinem Inneren, in der mein Kind Zuflucht fand.

Ich liebe dich.

Kati 03.04.2021, 16.00 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

18

Meine Tochter.

Ich habe dich mein ganzes Leben lang ersehnt.
Dich geliebt, lange bevor du geboren wurdest.

Heute wirst du 18.
Volljährig. 

Du bist der schönste Mensch auf dieser Welt, dein Lachen klingt wie Musik in meinen Ohren, dein Herz ist groß und voller Neugier auf und voller Liebe für dieses Leben.

Dein erster Name für deinen Körper bedeutet Anmut – und du tanzt tatsächlich voller Eleganz und Anmut durch dein Leben, willst es zu deinem Beruf machen. 

Dein zweiter Name für deinen Geist bedeutet Weisheit – du vereinst unendlich viel Wissen, Gaben und Talente in dir, besitzt einen hellwachen und scharfen Verstand mit einer großen Portion Mitgefühl.

Dein dritter Name für deine Seele bedeutet Stein, der brennt – und er könnte passender nicht sein. In dir lodert ein Feuer, ganz tief und es brennt hell und heiß, aber nicht alles verzehrend. Niemandem ist es möglich, diese Flamme zu ersticken, vergiss das nicht. 

Was ich dir wünsche? 

Flieg hoch - so hoch du kannst.
Hör immer auf deinen Bauch.
Bereue nichts.


Kati 04.09.2020, 08.20 | (0/0) Kommentare | PL

Lieber Opa,

es ist gerade etwas seltsam hier.
Vor 11 Tagen habe ich noch mehr als sonst an dich gedacht, weil wir da den ersten Geburtstag des kleinen Eisbären, der mal ein Hund werden möchte, gefeiert haben und dieser so schicksalsträchtig auf deinem Geburtsdatum liegt.
Der Kirschbaum war an diesem Tag voller Knospen, wie jedes Jahr.
Und wie jedes Jahr wird er in 5 Tagen - an deinem Todestag - in voller Blüte stehen.
Du bist in diesem Jahr 11 Jahre tot und immer noch so lebendig für mich wie du es immer warst.

Ich würde dir so gerne von deinem Sohn erzählen und davon, wie er seinen Frieden findet und wie ich meinen Frieden mit ihm mache, aber das weißt du vermutlich längst. 

Der psychopathische Mann im Anzug, vor dem du mich beschützt hast, aber nie retten konntest, der ist schon lange weg. Wir schaffen gerade etwas Neues, das ich bislang nur aus der Beziehung mit dir kenne. Ich frage mich, wie er so viele Jahrzehnte ein Leben leben konnte, das anscheinend so wenig seinen innersten Bedürfnissen entsprochen hat.
Und ich glaube, da liegt viel in deiner Verantwortung. Nicht Schuld. Aber Verantwortung.

Du warst immer so stolz darauf, dass er sein Leben lang verleugnet hat, was er wirklich wollte: Natur, Abgeschiedenheit und seine Ruhe. Natürlich hat ihn die Chemie interessiert, aber eher das Bombenbauen. Nicht der Teil mit Anzug, Vorstandsetage und internationalen Verhandlungen.

Den wolltest nur du für ihn. Und darauf warst du mehr als stolz. Das bessere Leben, das du immer für ihn wolltest, das hat er gelebt. Mit Luxus, Reichtum, Ansehen, perfekter Familie. Und es hat ihn unglücklich gemacht.

Inzwischen lebt er allein im Wald. Mit minimalen sozialen Kontakten. Mitten in der Natur. Versorgt sich selbst, hat seine Ruhe und ist ... glücklich. Ich wünschte so sehr, du könntest ihn so erleben. Und ich frage mich, ob dich das stolz machen würde. Oder ob das bessere Leben, das du für ihn wolltest, diesen Aspekt nie vorgesehen hatte. 

Er war in all seinem Unglück ein sehr schlechter Vater. Und ich glaube, du warst ihm auch einer.

Kati 14.04.2020, 18.00 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

14 Jahre

Mein geliebter Mann

heute Abend ist es 14 Jahre her, dass ich dich das erste Mal gesehen, das erste Mal berührt und das erste Mal erlebt habe, wie es sich anfühlt, wenn eine Seele auf ihre andere Hälfte trifft.

Wir sind fernab jeder Realität aufeinander getroffen und alles was ich wusste, war, dass ich diese Erinnerung ein Leben lang mit mir tragen würde. Als wir zwei Tage später auseinander gingen, war es ein Lebewohl, das schmerzhafter war als alles, was ich bis dahin erlebt hatte. Es würde reichen müssen. Unsere Leben warteten wieder auf uns.
Das Band zwischen uns war jedoch schon so stark, dass wir beide gegen jeden Widerstand, gegen jeden Umstand und gegen jede Vernunft alles hinter uns ließen, was bis dahin unser Leben bestimmte.

Als wir geheiratet haben - heute vor 12 Jahren - hat der Standesbeamte den Nachsatz weggelassen: "Bis dass der Tod euch scheidet" stand bei uns nie zur Debatte.
Wenn, dann ewig.

Du kennst meine schwärzesten Abgründe und Gedanken, die ich nie vor irgendjemandem außer dir offenbaren würde. Du kennst meine besten Seiten und auch meine verzweifeltsten Momente. Wir haben vier Kinder gemeinsam auf die Welt gebracht und Eines davon beerdigt. Jedes davon habe ich in deine Hände geboren.

Du bist mein Fels in der Brandung, die starke Schulter, die immer da ist, wenn ich sie brauche.
Und auch als wir vor Jahren am Abgrund standen und aller Glaube, alles Vertrauen, alle Hoffnung plötzlich verschwunden schien - die Liebe war immer da.
Wir haben uns am tiefsten Punkt unserer Beziehung dasselbe versprochen wie in unseren leichtesten Zeiten.

Wahrheit. Treue. Loyalität. Freundschaft.

Du bist mein Regulativ, die Stimme der Vernunft, wenn ich die Bodenhaftung verliere. So wie ich deine Flügel sein darf, wenn du dich im Pragmatismus verlierst.

Ich begehre dich - genauso und unendlich mehr als am ersten Tag. Ich habe in deinen Augen niemals etwas anderes als reine Bewunderung, Begierde, Zärtlichkeit, Liebe, Verständnis und Leidenschaft gesehen.

Du bist alles für mich.
Ich liebe dich.
Jetzt.
Und für immer.

Kati 30.05.2019, 06.00 | (6/2) Kommentare (RSS) | PL

10 Jahre

Lieber Opa.

Heute sind es 10 Jahre, die du nicht mehr hier bist. Vor 10 Jahren lagst du schon seit zwei Tagen im Krankenhaus, weil es dir nicht so gut ging. Nichts Wildes. "Alles gut", sagten die Ärzte. Und trotzdem war ich schon seit Tagen unruhig. Trotzdem konnte ich deinen letzten Blick zum Abschied nicht vergessen, als wir dich erst zwei Wochen zuvor besucht hatten. Und an diesem Tag um 21:15 Uhr hatte ich das unglaublich beunruhigende Gefühl, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Der Mann rief für mich im Krankenhaus an und die Schwester sagte nur leise, sie würde das Telefon zu Oma bringen. Sie war an diesem Tag nicht wie sonst um 18 Uhr nach Hause gefahren, sondern blieb bei dir. Und hielt die ganze Zeit deine Hand.
10 Minuten vor unserem Anruf bist du gestorben, nachdem du ihr Lebewohl gesagt hattest. Wir packten noch in der Nacht Kleidung und alle Kinder zusammen und fuhren zu euch. Es sollten noch zwei Tage vergehen, bis ich dich bei der Aufbahrung ein allerletztes Mal in meine Arme schließen durfte. Den allerletzten Kuss auf deine Stirn - so wie du mich als kleines Mädchen immer auf die Stirn geküsst hast.

Opa, ich vermisse dich.
Du warst ein großartiger Opa. Der Beste. Mein Held. Mein Riese.
Der Inbegriff von Stärke, Mut und Schutz.

Du hast in deinen letzten Jahren mal sehr wehmütig zu mir gesagt, es wäre kein schönes Leben gewesen. Der Krieg hat so viel in dir zerstört. Du musstest Dinge sehen und erleben, die dich niemals mehr losgelassen haben.

Aber weißt du was?

Du warst wichtig. Für mich.
Du hast den entscheidenden Unterschied gemacht.
Dein Leben und deine Liebe haben mir die Kraft gegeben, wieder aufzustehen. Weiterzumachen. Nur durch dich weiß ich, wie Liebe zu einem Kind aussehen kann.

Du hast das Feuer am brennen gehalten, als ich es löschen wollte.

Ich denke an dich, wenn ich die Kaninchen sehe, ich denke an dich, wenn der Kirschbaum wie jedes Jahr an deinem Geburtstag die ersten Blätter bekommt und wie jedes Jahr an deinem Todestag in voller Blüte steht.
Ich denke an dich, jedesmal wenn ich ein Werkzeug in die Hand nehme und einen Nagel einschlage, wenn die Kinder zu laut sind und ich gedanklich zu einem "Leiser!" ansetze. Dann höre ich deine tiefe dröhnende Stimme in meinem Kopf und bleibe still.
Ich denke an dich, wenn ich Vanilleeis kaufe und bei Himbeeren. Wenn wir Braten essen. Wenn jeden Tag dein und Omas Geschirr auf dem Tisch steht. Wenn ich im Garten grabe, wenn ich Eier sammle, wenn ein Kind nicht aufgegessen hat und wir grinsend darüber feixen, dass du dir den Teller schon längst geschnappt hättest.

Es ist so viel aus meinem Leben untrennbar mit Erinnerungen an dich und mich verknüpft, dass ich niemals ohne dich sein werde.
Und trotzdem fehlst du mir. So sehr.

Kati 19.04.2019, 21.15 | (2/0) Kommentare (RSS) | PL

Hej Dad.

Ich bin hier. Du bist dort. Und trotzdem haben wir Kontakt. Nicht so, wie andere Menschen Kontakt haben, aber es hängt ein ganz dünnes loses Band zwischen uns. Mehr ein Faden als ein Band vielleicht. Es sind nur Momente, nur ein paar wenige Zeilen, die manchmal den Besitzer wechseln. Es ist Kontakt. Es ist kein Dialog. Wird es vermutlich auch nicht. Ich habe so viele Gefühle, die ich dir nicht schreibe, das willst du nicht. Ich akzeptiere das. Keine Vergangenheit. Das sind deine Spielregeln. Ich habe keine. Ich habe mich entschieden, dass ich mich darauf einlasse, was sich so zart entspinnt und vielleicht niemals weiterentwickelt als bis zu diesem Punkt. Wir schreiben über das Wetter. Über unsere Gärten. Über Dinge, die niemals persönlich werden können. Aber wir schreiben. Ich möchte dir manchmal so viele Dinge sagen. So vieles, das mich beschäftigt. Dass ich inzwischen - mit fast 40 Jahren - manche Dinge endlich verstehen kann. Ich bin nicht du. Du bist nicht ich. Und doch bist du ein Teil von mir. Nicht mehr als bedrohlicher Patriarch, der mir so viel Gepäck in meinen Rucksack geladen hat. Sondern als mein Vater. Da ist ein winziger Platz in meinem Herzen, der nur für dich ist. Das ist viel mehr, als ich jemals für möglich gehalten hätte und es entzieht sich jeder Bewertung. Es ist wie es ist.

Kati 09.10.2018, 12.00 | (0/0) Kommentare | PL

ungeschrieben

Wir schreiben miteinander. Nicht richtig, aber immerhin. Da ist eine Art von Austausch.
Ich weiß nicht, wie es dir geht und ich kann es dich auch nicht fragen.
Es erschiene mir vermessen, dir eine derart persönliche Frage zu stellen.
Sie ist zu intim, zu distanzlos.

Und ich weiß, dass du mir nicht die Wahrheit sagen würdest.
Ich weiß, dass Gefühle in unserer Beziehung keinen Platz haben.
Nie hatten.

Meine größte Errungenschaft als Erwachsene ist es, dir vor drei Jahren ganz klar und offen gesagt zu haben, wie sehr ich dich einmal geliebt habe. Ich habe das losgelassen. Du warst trotz allem mein Vater, auch wenn ich dich nicht so nennen konnte.

Ich sitze hier in meinem Zuhause, das du nicht kennst und höre unserem Lieblingssänger zu. Das heißt - ich weiß nicht, ob es noch Deiner ist. Aber ich erinnere mich an unzählige gewaltlose Stunden, in denen wir die Liebe zur Musik geteilt haben. Diese Erinnerungen sind so kostbar.

Inseln von Licht in einem Leben voller Schatten.

Meine Kinder, die du nicht kennst, sind in der Schule und ich liebe sie alle.
Ich habe ihnen heute Morgen allen gesagt, dass ich sie liebe, so wie jeden Tag.
Wir haben uns umarmt und ich freue mich darauf, sie heute Mittag und Nachmittag wiederzusehen.
Ich lebe ein glückliches Leben mit ihnen.
Mit ihnen und dem Mann, der an meiner Seite geht.
Den du kaum kennst und von dem du damals nur seinen beruflichen Erfolg sehen konntest.

Mit dem Mann, der meiner Seele ein Zuhause gegeben hat.

Vor drei Jahren habe ich dich in unsere Welt eingeladen. Du hast abgelehnt.

Manchmal frage ich mich, ob da irgendwo in deinem Innersten vielleicht noch ein Platz für das Schöne ist.
Für die Liebe.
Die Sehnsucht.
Hoffnung.
Oder ob du von den Menschen so enttäuscht bist, dass sich dieser Platz für immer verhärtet hat.
Vielleicht ist es auch nur die Beziehung zu mir.
Du hast deutliche Worte dafür gefunden, wie enttäuscht du von mir, meinem Lebensentwurf und meinen Entscheidungen bist.
Dass du mich nicht liebst.
Dass nur ganz früher, als ich sehr klein war, überhaupt so etwas wie Zugewandtheit da war.
Ich habe diese Worte gelesen.
Jedes einzelne wie ein Messerstich.

Und doch kann ich deine Ehrlichkeit anerkennen.
In der Welt aus Lügen, die meine Mutter ihr Leben lang um uns herum aufgebaut hat, sind sie eine Wohltat.

Jetzt sind nur noch wir übrig.

Wohin werden wir gehen?
Werden wir überhaupt irgendwohin gehen?

Oder kreuzen sich unsere Lebensbahnen nur noch ein letztes Mal durch den Tod meiner Mutter?

Kati 20.02.2018, 12.00 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL




Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.


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