Puderzuckerwelt [Winter is coming]

Das Wetter hätte mir heute kein schöneres Geschenk machen können als dieses:

Der Mann verließ das Haus und es fing an zu schneien.
Nicht nur ein bisschen, sondern riesengroße weiche Schneeflocken, die vom Himmel schwebten und die Dunkelheit in jene gespenstische Helligkeit tauchten, wie nur Schnee es vermag.

Die Kinder waren außer Rand und Band und wir verließen alle deutlich früher das Haus als sonst, nur um nach draußen zu kommen.
Mit den beiden Kleinen rollte ich auf dem Weg zur Schule eine riesige Schneekugel zusammen, die uns als Unterteil des ersten Schneemanns dieses Winters diente.

Leicht war der erste Gang im Alltag - und schön.

Nach Physiotherapie und einem Minimum an Haushalt und Adventskalender vorbereiten ist die Kraft schon wieder erschöpft und Körper und Geist müde.

So müde.

Kati 30.11.2017, 15.00| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: out of order

Tag keine Ahnung nach der Diagnose...

Keine Ahnung, wieviele Tage es inzwischen sind. 7 Wochen und ein bisschen.

Letzte Woche wurden die Nervenschmerzen in Dauerreizung wieder so schlimm, dass gar nichts mehr ging.
Nicht körperlich, nicht geistig.
Der Mann blieb schließlich eine volle Woche zuhause und ich ließ alles los.
Den Alltag, alle Aufgaben, restlos alles.
Ich schlief morgens aus, ließ den Tag so vor mir herplätschern und ging konsequent ins Bett, wenn mein Stresslevel meine Schultern wieder nach oben zog.

Meine Heilung machte vergleichsweise große Sprünge nach vorne und so ganz traue ich dem Frieden noch nicht.
Es gibt Stunden, in denen ich in der richtigen Haltung fast schmerzfrei bin und das ist etwas, das mir nach den letzten Wochen vor Dankbarkeit die Tränen in die Augen treibt.

Morgen geht der Mann den ersten Tag wieder zur Arbeit und ich habe bei Weitem nicht mehr so viel Panik davor wie noch letzte Woche, als das Aushalten von ununterbrochen starken Nervenschmerzen mir meine gesamte Kraft abverlangte.

Da war kein Platz mehr für Alltag oder die 6 Kinder und ihre Erlebnisse.
Es ging einfach nicht mehr.

Nun geht es voran. Langsam. Ganz langsam.

Das Autofahren ist nach wie vor in weiter Ferne, genau wie das Sitzen am Tisch oder das Arbeiten.
Von körperlichen Tätigkeiten ganz zu schweigen.

Aber ich habe Fortschritte gemacht.

Und alle Wünsche stehen hinter dem Einen zurück: keine Schmerzen mehr haben.

Kati 29.11.2017, 15.00| (2/2) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: out of order

Rückschläge

Der Rückschlag kam unerwartet, hart und gemein.
Was als Erkältung begann, steigerte sich zu Ohrenschmerzen, Mandelentzündung und Husten. Leider hat das verkrampfte nächtliche Husten mir nicht nur die Muskeln gezerrt, sondern anscheinend auch die ausgelaufene Bandscheibe so unter Druck gesetzt, dass die Nervenstränge wieder voll abgedrückt wurden.

Kurzfristige Höherstufung auf das Maximum an Morphin, das ich hier zuhause nehmen darf und ... warten.

Jetzt, zwei Wochen später, ist es ungefähr wieder so wie vorher.
Ich habe jeden Tag durchgehend Schmerzen, gehe aber nicht mehr die Wände hoch, weil ich es nicht mehr ertragen kann.
Ich kann sitzen, aber nicht wirklich lange.
Die Schmerzmitteldosis ist inzwischen wieder halbiert, aber noch nicht wieder dort, wo ich vor der Erkältung war.
Alles in Allem ist es frustrierend.

Meine Ausdauer steigt.
11 Kilometer in strammem Marschtempo waren es vor einigen Tagen und das ist ein gutes Tagespensum für jemanden, der sich vor zwei Monaten auch für 100 Meter Luftlinie ins Auto gesetzt hat, weil das Zeit spart.

Zeit habe ich dank der Schwere des Vorfalls ja nun mehr als genug.
Meine Tage bestehen aus Laufen, Übungen, Arztbesuchen, Physiotherapie, Ruhephasen, die ich im Bett verbringen muss, weil ich nur da einigermaßen schmerzarm bin und ein wenig Haushalt.
Ich darf nichts heben, nicht putzen, mich nicht überanstrengen.
Also habe ich alle Zeit der Welt, mich auf meine Heilung zu konzentrieren und fühle mich dabei isoliert genug, um langsam wahnsinnig zu werden.

Mann und Kinder halten sich dabei besser als ich.
Die Arbeit ist verteilt, auch wenn die Hauptlast auf dem Mann liegt.
Renovierungen wurden ausgesetzt und auch wenn mich das aufregt - es bringt ja nichts.
Loslassen und Entspannen sind meine Mantras und egal wie sehr ich sie hasse, sie bilden meinen Weg.
Die Kinder helfen im Haushalt mehr als vorher schon und meckern nur sehr selten.

Auf vier von sechs Wunschlisten steht, dass sie sich vom Weihnachtsmann wünschen, dass mein Rücken wieder gesund wird.
Sie bringen mir meine Wärmedecke, versorgen mich mit Wasser und trösten mich, wenn ich mal wieder Hunger habe und nichts von dem, was ich gekocht habe, mitessen darf.

Meine Nerven sind dünn.
Der große Sohn leidet sehr darunter, dass unser Haus von Freitag bis Samstag nicht mehr der allwöchentliche Treffpunkt für ihn und seine Freunde sein kann und ich fühle mit ihm.
Ich weiß, wie wichtig diese Treffen sind und wie sehr die Jungs davon profitieren.
Aber ich kann nicht.
Ich halte vier oder fünf pubertierende Halbstarke (zusätzlich zu den sechs Kindern im Haushalt) im Moment nicht gut aus.
Sein bester Freund war letzte Woche das erste Mal wieder über Nacht hier und das ging ganz gut.
Wir steigern das langsam.

"Es braucht Zeit", seufzt meine gesamte Umgebung unisono auf mein Klagen und ich tue mich so verdammt schwer damit, diese Zeit einfach verstreichen zu lassen.
Ich komme mir unnütz vor.
Abgeschieden.
Ausgegrenzt.

Meine körperliche Leistungsfähigkeit ist einer der Grund- und Eckpfeiler meines Selbstbildes.

[Gewesen.]

Kati 17.11.2017, 12.00| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: out of order

Herbstferien [Liebe]

Die Herbstferien sind fast vorbei und es macht mich wehmütig, auf die nächsten Tage zu blicken.
Zwei Wochen mit den Kindern liegen hinter mir und ich habe sie sehr genossen.

Irgendwann in der Mitte der ersten Woche saßen wir gemeinsam am Tisch und die große Tochter seufzte: "Es ist so schön gerade. Wie früher."

Und ihre Geschwister stimmten ihr traurig nickend zu.

Mir blieb fast das Herz stehen vor lauter Schmerz.

Ja, es war wie früher. Die Harmonie, die Vertrautheit, die gemeinsamen Unternehmungen, das Verständnis untereinander.
Das ist die Familie, die ich kenne und geliebt habe.

Morgen kommen die Zusatzkinder wieder. Und die Giftigkeiten. Die Kommentare. Die Übergriffigkeiten. Die Urteile. Und ihre Verachtung für alles, für das wir stehen.

Abgrenzung wird wieder unser Thema sein, wo wir zwei Wochen lang einfach nur wir sein durften. Offen und verletzlich, wo nun wieder Schutzschilde hochgehalten werden müssen.

Irgendwann, in vielen Jahren werde ich ihnen sagen, wie unendlich leid es mir tut, dass wir eine derart falsche Entscheidung getroffen haben.
Und wie viele Tränen ich um uns geweint habe.

Und dann kann ich nur noch hoffen, dass sie mir das eines Tages vergeben können.

Kati 03.11.2017, 13.00| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: Alltag

1 Monat

Es ist heute einen Monat her, dass die Schmerzen so unerträglich wurden, dass ich mir am liebsten den Arm abgehackt hätte. Alles, nur nicht mehr diese Nervenschmerzen, die wie eine Mischung aus Elektroschock und Messerstich die gesamte linke Seite lahmlegten.

Seit drei Wochen hab ich meine Diagnose, seit drei Wochen arbeite ich an dem Scheiß. Und ja, es wird besser. Jeden Tag ein klitzekleines Bisschen. Ich habe gestern eine halbe Stunde auf meinem Schreibtischstuhl gesessen. Ohne aufstehen zu müssen, ohne Krämpfe, ohne Einschlafen aller Gliedmaßen. Das ist gut. Und ich bin müde. Ich will das nicht mehr. Ich bin erschöpft vom Gesundwerden und ich habe Hunger und will eigentlich nur mein altes Leben zurück.

Aber will ich das wirklich?

Mir kommen die Worte meines Hausarztes in den Kopf.

Manchmal bekommt man eine Chance, die zuerst gar nicht wie Eine aussieht. Und dann hat man die Gelegenheit, sein Leben komplett neu auszurichten. Oder so weiterzumachen wie bisher. Es ist Ihre Entscheidung.


Ich starre trotzig auf meine Buttermilch, auf die Unmengen von Tabletten, die ich jeden Tag nehme, auf meine Erinnerung für meine Übungen.
Und dann mache ich einfach weiter.
Jeden Tag ein bisschen.
Und immer nur einen Schritt zur Zeit.

So müde.

Kati 02.11.2017, 12.00| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: out of order



Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

woanders:







Einträge ges.: 421
ø pro Tag: 0,1
Kommentare: 478
ø pro Eintrag: 1,1
Online seit dem: 21.04.2016
in Tagen: 3300

Do what is right. Not what is easy.
you want. It doesn't matter anyway.