Tag der Entscheidung

Heute ist es soweit. Heute ist der Tag, bis zu dem das Kind mit seiner Entscheidung Zeit hatte. Ab heute Abend gilt es. Und so, wie es im Austausch mit ihr aussieht, stehen alle Zeichen auf "Neuanfang" in der Ferne. Mir blutet das Herz. Die Umzugskartons stehen oben in ihrem Zimmer und heute Abend hat das Warten endlich ein Ende. Entweder kommt sie nach Hause zurück oder wir können endlich etwas tun - umräumen, abmelden, umstrukturieren. Es tut alles so unendlich weh. Selbst wenn ich versuche, die Entscheidung nicht "gegen" mich, sondern "für" etwas anderes zu werten - es tut einfach alles nur so schrecklich weh. Ich bin so dankbar, dass die Wartezeit heute Abend zuende ist. Dass wir dann eine Entscheidung haben. Alles ist besser als Unsicherheit. Noch 6 Stunden bis zum Telefonat mit ihr. Die Chaoskinder wollen und werden dabei sein und sind in den vergangenen Tagen darauf vorbereitet worden, dass ihre große Schwester eventuell nicht mehr hierher zurückkehrt.
Wie sehr kann so ein Herz weh tun?

Kati 15.08.2018, 12.00| (3/1) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: ziehen - beziehen - erziehen

Schockstarre

Es ist jetzt bald drei Wochen her, dass ich den Schwangerschaftstest gefunden habe und das Unheil seinen Lauf nahm. Drei Wochen, seit wir im Dunkeln zu Dritt im Wohnzimmer gesessen haben und Stück für Stück die Wahrheit aus dem Kind herausbrach. Nicht nur die Wahrheit in Bezug auf den Schwangerschaftstest. Auch die Dinge, die vor vielen Monaten ihren Anfang nahmen. Drei Wochen, seit ich am liebsten den Kopf in den Sand gesteckt hätte um nichts mehr sehen, hören oder fühlen zu müssen. Ich habe mein Sportprogramm einfach beendet. Nichts mehr getan. Sitze den ganzen Tag herum obwohl ich weiß, dass das Gift für meine Bandscheiben ist. Starre vor mich hin und überlege, was ich tun kann. Was ich falsch gemacht habe. Mache kaum noch etwas in Haus oder Garten, spüre mich selbst nicht mehr. Esse die falschen Dinge und tue Sachen, die mir nicht gut tun. Das Wissen um all dies sorgt für Selbstvorwürfe und die wiederum führen zu massiven Muskelverspannungen und Schmerzen. Ich steuere auf den nächtsten Totalausfall zu. Langsam aber sicher. Und das will ich nicht. Nicht noch einmal, nicht sehenden Auges. Ich muss mich um mich selber kümmern. Es ist egal, wie sie sich entscheidet. Es ist egal, wie es weitergeht. Ich muss dafür sorgen, dass es mir gutgeht.
Es ist an der Zeit, langsam wieder die Zügel in die Hand zu nehmen und weiterzumachen.

Kati 10.08.2018, 15.00| (1/1) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: out of order

Der verlorene Kater

Die Tage sind schwer. Wir warten auf die Entscheidung des großen Tochterkindes. Auf eine weitere Entscheidung... Sie hat so viele davon getroffen. Ohne unser Wissen. Oder wollten wir nicht sehen? Die Zweifel sind groß dieser Tage.

Beim Gedanken an die Dinge, die ich bislang erfahren habe, wird mir nach wie vor schlecht. Ich bin - irgendwo ganz weit hinten in meinem Gehirn - dankbar, dass ihr bei alledem nichts passiert ist.

Aber das vorherrschende Gefühl ist stumme Wut. Und weiter gedacht: Ist ihr denn wirklich nichts passiert? Wieviel Schaden haben diese Ereignisse in ihrer Seele angerichtet?
Gar keinen, könnte man meinen, wenn man diese trotzige stolze junge Frau ansieht.
Aber auch das wird nur Fassade sein.
Sie bedaure es, dass sie noch nicht 18 sei. Dass wir noch "in diese Sache mit reingezogen" werden.

Ich kenne diesen Menschen nicht.

Wie lange habe ich nur das Bild von ihr wahrgenommen, das ich hatte? Wann hat sie begonnen, sich so zu verändern? Werden wir jemals die ganze Wahrheit erfahren? Wollen wir das überhaupt? 

Ihr leiblicher Vater lockt mit seinen ewigen Versprechungen "Hier wird alles besser, hier ist alles schöner, hier kannst du neu anfangen".

Wir bleiben stumm.
Wir wollen uns nicht vermarkten.
Wir buhlen nicht.

Die Entscheidung, die sie zu treffen hat, sollte im Innersten getroffen werden. Die rosa-bunte Zuckerwattewelt, die er ihr verspricht, gibt es nicht. Das wird sie vielleicht erst dann erkennen, wenn es zu spät ist.

Bis dahin werden weiterhin Altlasten über Bord geworfen. Der Hase. Der Kater soll nun auch nicht mehr ihrer sein. Kein Interesse mehr.
Wir sind noch über. Aber auch wir passen nicht in ihr neues Leben. Sind spießige Überbleibsel der Welt, aus der sie zu fliehen versucht.

Es tut gerade alles so weh.
Die Liebe, die Enttäuschung, die Hoffnung.
Gefühle, zäh und klebrig wie Honig.

Ich habe Umzugskisten gekauft. Ich gehe davon aus, dass sie befüllt werden.

Kati 09.08.2018, 13.00| (1/1) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: ziehen - beziehen - erziehen

Wenn Worte fehlen

Irgendwann muss ich meine Worte wiederfinden. Auch die für das, was passiert ist, aber vielleicht nicht hier. Es ist zu weit jenseits dessen, was ich als möglich klassifiziert hätte.
Und so vergeht Tag um Tag in größter Sommerhitze.

Das angebaute Gemüse verkümmert bis auf ein paar Ausnahmen und selbst die Zuckererbsen schmecken bitter. Die Pflanzen welken vor sich hin, die vor zwei Jahren gepflanzte Hecke schafft es vielleicht nicht - ich kann nicht so viel gießen, wie es nötig wäre.
Und in welchem Verhältnis steht das alles, wenn gegenüber vom Haus am Berg der Wald brennt?
So viele Tage und Nächte.
Das fünfte Feuer ist heute Nacht ausgebrochen, der Sirenenalarm begleitet uns durch den Sommer.

Die Kinder sind im Ferienmodus angekommen, schlafen lange und leben in den Tag hinein.
Aus dem Haus, in den Pool, zum Eisschrank und wieder aufs Bett/in den Sessel/auf die Schaukel. Sie wissen nicht mehr, welchen Tag wir haben, oder welches Datum und das ist gut so. Besuchskinder kommen und gehen, schlafen hier, genießen die Zeit mit uns und wir mit ihnen.

Das große Tochterkind befindet sich derweil schon seit zwei Wochen beim leiblichen Vater. Die nächsten 8 Tage hat sie noch Zeit, darüber nachzudenken, ob sie die beiden Jahre bis zur Volljährigkeit dort verbringen will oder hierher zurückkehrt.
Mir blutet das Herz, aber wir sind an einem Punkt, an dem ich niemals sein wollte.

Das Doppelleben, das sie seit einem dreiviertel Jahr geführt hat, hat uns bis in die Grundfeste erschüttert. Ich bin schon oft betrogen und verraten worden, das bringt mein Alter so mit sich. Aber bis auf eine Ausnahme hat mich nichts davon so nachhaltig bis ins Mark getroffen.

Wir sind über normale Pubertätsrebellion weit hinaus und wenn sie hierher zurückkehrt, dann wird das Miteinander ein Neues werden müssen. Ich bin so enttäuscht, dass sie anscheinend alles verraten hat, was uns ausmacht.

Kati 07.08.2018, 16.00| (1/0) Kommentare (RSS) | PL | einsortiert in: Alltag



Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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