Blogeinträge (themensortiert)

Thema: Alltag

Wissen

Heute ist er wieder da. Ich sehe ihn häufig. Er macht dasselbe wie ich, wenn ich auf dem Supermarktparkplatz stehe. Er sitzt im Auto, spielt am Handy, frühstückt, ruht sich aus. Ein Moment der absoluten Ruhe, wenn draußen das Chaos tobt. Eine Oase, die jeden Tag für einen kurzen Moment verfügbar ist.

Dünn ist er geworden.
Noch dünner.
Eingefallene Wangen, traurige Augen.

Er wird gerade seine drei Kinder in Schule und Kindergarten gebracht haben, so wie jeden Tag. Später wird er zur Arbeit fahren. Wie jeden Tag. Irgendwann nachmittags muss er wieder nach Hause. Die Kinder von der Schwiegermutter abholen, die sich um sie kümmert, wenn Schule und Kindergarten aus sind. Und dann wird zuhause seine Frau auf ihn warten.

Die Depression auch. Die Krankheit. Der Tod seines zweiten Kindes. Ihre psychischen Erkrankungen. Ihre Wut. Ihre Trauer. Ich kenne sie gut und bin froh, dass ich inzwischen keinen Kontakt mehr habe.

Ich habe ihre Tränen gesehen. Und seine Blutergüsse. Ihre unbändige, unkontrollierte Wut. Ein schwarzer destruktiver Strudel aus Dunkelheit und Intensität. Meine Mauern waren zu meinem eigenen Schutz immer ganz oben, wenn ich mit ihr umgehen musste.

Ich warte.
Er sieht mich nicht und blickt sich von Zeit zu Zeit suchend um.
Es vergehen fünf, zehn Minuten.
Und ich warte.
Auf diesen einen Moment, den ich inzwischen schon so oft gesehen habe.

Wenn sein Gesicht sich aufhellt und alle Traurigkeit einem sanften Lächeln weicht, das herzzerreißender nicht sein könnte. Sie öffnet die Beifahrertür und setzt sich neben ihn. Küsst ihn zärtlich auf den Mund. Lange. Streichelt seine Wangen, sein Gesicht. Fährt durch seine Haare. Es ist keine Leidenschaft. 
Nur unendliche Zärtlichkeit und Liebe. Wissen.

Ich gehe einkaufen und als ich wiederkomme und meine Sachen einlade, sitzen sie dort immer noch. Ihr Kopf lehnt an seiner Schulter, während er redet. Sie lächelt. Er auch.

Wie jedes Mal denke ich an meinen Lieblingswunsch: 

"Möge der erste Sonnenstrahl des Tages heute das Auge des traurigsten Menschen treffen, den ich kenne."

Und ich glaube, das tat er.

Kati 24.09.2019, 12.00 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

WMDEDGT - 05. Juli 2019

Heute ist Was macht du eigentlich den ganzen Tag bei Frau Brüllen und da der Tag schon früh morgens das Potential hat, so richtig bescheuert zu werden, mache ich mal mit.

Mein Tag beginnt um 01:22 Uhr - da bekomme ich nämlich eine Nachricht einer befreundeten Mutter, die sich bedanken möchte, dass ich ihren Sohn mit zum Treffpunkt der Klassenfahrt genommen habe. Mein Handy liegt um diese Uhrzeit normalerweise eine Etage tiefer und ist leise - heute allerdings liegt es neben meinem Bett auf Kopfhöhe und ist maximal laut, weil der Sohn zu diesem Zeitpunkt auf der Fähre nach England ist und ich auf Nachricht warte, dass sie drüben angekommen sind.
Ich bin wach, also kann ich ihr auch kurz antworten, leider findet das helle Display ein riesiger Nachtfalter ziemlich geil und fliegt mir mitten ins Gesicht.
Ich kann gerade noch an mich halten, nicht laut loszuschreien (weil - der Mund muss zubleiben!) und versuche, das Ding mit meinem Handy zu erschlagen.
Gelingt auch und ich schnippse es zur Seite, das kann die Schlafzimmerkatze fressen.

Durch die Bewegung und das Adrenalin ist meine Kiefernaht wieder aufgebrochen und blutet mir lustig den Mund voll. Die Schmerzen sagen - hinlegen geht jetzt erst mal nicht mehr. Ich gehe also auf Toilette, werfe meine verschriebenen Schmerzmittel ein und kehre zurück ins Bett, wo ich mich halbsitzend hindrappiere. Der Mann hat von alledem anscheinend nichts mitbekommen.

Um kurz nach 6 Uhr verlässt der Mann das Haus und zieht die Mülltonnen auf die Straße. Das ist laut. wie jeden Freitag.
Über mir ist die Kriegerprinzessin wach und macht anscheinend Kampfyoga mit Gewichten oder übt vielleicht auch einfach martialische Tänze. Wir haben Holzdecken.

Ich schlummere wieder weg und werde 10 Minuten später von der wild fauchenden Schlafzimmerkatze geweckt. Ich reiße die Augen auf und sehe direkt auf eine dicke schwarze Eisbärschnauze. Der kleine Eisbär, der mal ein Hund werden möchte, ist unerlaubt in die Mitteletage geklettert und macht nun Katzenjagd. Ich schimpfe ein bisschen, stehe auf (ohne den Wecker exakt 4 Mal auf Schlummern stellen zu können - der Tag wird also Scheiße) und trage ihn ins Erdgeschoss. Dort pinkelt er mir erst mal auf die Füße.

Mein Kiefer pocht, ich habe Kopfschmerzen, der närrische kleine Tuk springt fröhlich trampelnd die Treppe runter (wir haben Holztreppen...) und erzählt mir erst einmal, dass der kleine Eisbär auch schon im Obergeschoss war. Ich wische die Pfütze weg und schicke die Hunde in den Garten.

Im Medikamentenschrank wühlend überfällt mich das kleine Kind von hinten weinend, es würde jetzt ganz plötzlich ganz schrecklich den großen Bruder vermissen. Trösten, Tabletten runterschlucken, wie ein Mantra wiederholen, dass es doch meistens viel besser ist als damals, als sie noch alle klein waren.
Ich gehe in die Gartenküche und will Frühstück machen. Hundeknurren von der Terasse - die Hunde kämpfen um den Badezimmervorleger, der aus irgendeinem Grund gerade unter dem Kirschbaum zerrissen wird.
Atmen.
Badezimmervorleger aus zwei Hundeschnäuzchen entfernen, weiter gehts mit Frühstück.

Wir haben kein Brot mehr. Warum haben wir kein Brot mehr? Nichts. Nichts zum Aufbacken, zum Auftauen, zum als-Notlösung-essen, nichts.
Atmen.
Kopfschmerztabletten wirken langsam.
Ich setze mich ins Auto und fahre zum Bäcker, hole die leckeren Brötchen, die es sonst nur ausnahmsweise gibt, weil sie so schweineteuer sind.
Wieder zurück begrüßt mich eine neue Pfütze in der Diele und zwei Hunde, die um einen Badezimmervorleger kämpfen (hallo?) und zwei Kinder, die etwas irritiert sind, weil das mit dem Brot noch nie vorkam.

Kinder aus dem Haus schubsen, Tierrunde. Alle Tiere rauslassen, durchzählen, Gesundheitszustand überprüfen und Tierarztliste im Kopf erstellen. Den Welpen aus dem Blumenbeet pflücken. Duschen. Pfütze wegwischen. Restliche Mülltüten aus dem Haus zusammensammeln und mit in die Mülltonnen nehmen, einkaufen fahren.
Auf dem Parkplatz kommt die ersehnte Nachricht vom Sohn, Land in Sicht! Sie legen gerade in Dover an. Das Handy scheint immerhin nicht über die Reling gefallen zu sein. Der kleine Kobold ist in England. Sehr viel inneres Seufzen. Jetzt ist es nur noch eine halbe Stunde bis aufs Universitätsgelände und dann werde ich wohl die nächste Woche nichts mehr von dem Sohn hören. Und das ist auch gut so.
Der Einkauf gleicht eher einem Spießrutenlaufen von Bekanntschaft zu Bekanntschaft - anscheinend haben alle gerade ein überwältigendes Mitteilungsbedürfnis und ich komme da gerade recht. Ich habe heute eindeutig die ganz falsche Einkaufszeit erwischt. Kurzer Informationsabgleich mit einer befreundeten Mutter, deren Kind ebenfalls mit auf Englandfahrt ist. 
Wieder zuhause angekommen schleppe ich meine Beute die Treppe hoch (der Kiefer pocht, das Knie ist meckerig, der Kopf hat auch noch was zu sagen) und blicke über das Gartentor als erstes auf einen Hasen. Einen Hasen, der meine Lieblingsblumen frisst. Ich muss unbedingt herausfinden, wo die geheime Ausbruchsmöglichkeit ist, die anscheinend nur dieses eine Tier kennt. Der Hase verschwindet hinter der nächsten Hecke und ich begrüße die beiden Bärchen, die so tun, als wäre ich vier Tage weggewesen. Mindestens. Ich nehme ihnen den Badezimmervorleger wieder weg und wische eine Pfütze aus der Diele. An mir rennt ein weißer Flauschball mit einer Rolle Panzerklebeband in der Schnute vorbei in den Garten. Ich renne hinterher. Es pocht. Ich schicke den großen Hund mit Befehl, mir entweder den kleinen Hund oder mein Panzerklebeband wiederzubringen in den Garten und lasse mich auf einen Stuhl sinken. Der kleine Braunbär, der mal ein Hund werden wollte, lässt mir die Rolle Klebeband in die Hände fallen und legt seinen schweren Kopf auf meinen Schoß. Empörtes Welpenfiepen im Hintergrund.
Ich erledige das Nötigste im Haushalt, da ruft es von vor dem Haus. Die Postbotin, die Angst vor Treppen und Hunden hat, schreit von draußen, sie traut sich nicht an den Briefkasten (der AUSSEN am Tor hängt). Ich gehe ihr die halbe Treppe entgegen, sie klammert sich ängstlich an das Geländer und wagt den Abstieg. Mein Mitgefühl wird heute von einer gewissen Entnervtheit überlagert und das mag ich an mir selber überhaupt nicht.
Post vom Ordnungsamt, bitte NOCH ein bisschen mehr Geld für den RIESIGEN gefährlichen Hund bezahlen, den ich mir da ins Haus geholt habe. Ich lasse die Hunde im Garten spielen und mache mich an die Buchhaltung. Die nächste Klassenfahrt will auch schon wieder bezahlt werden.
Das Gartentor geht quietschend auf und ich bin schon halb am Fenster mit dem Satz: "ACHTUNG! Die HUNDE!" (unser Paketbote mit Angst vor Hunden hat das heraushängbare Schild letztens übersehen und wurde plötzlich von beiden beschlabbert), aber es war die Kriegerprinzessin, die heute nur drei Stunden hatte, was mir total entfallen war. Fertig mit Schule - nächste Woche geht sie nur noch auf Klassenfahrt und dann sind Sommerferien.
Neben Bürokram bekomme ich Nachrichten von mehreren Eltern, dass sie ihre Kinder nicht erreichen können. Ich bin kurz froh, dass es früher keine Handys gab, aber meine Eltern hätten mir ja eh nicht hinterhertelefoniert. Also wäre es für mich egal gewesen, aber ich fand diejenigen unter uns schon sehr peinlich, die mit 18 auf Studienfahrt einmal am Abend aus einer Telefonzelle in der Toskana ihre Eltern anrufen mussten.
Irgendwann entscheide ich mich, mit der Kriegerprinzessin ein wenig Hecke und Bäume zu schneiden und zu häckseln. Der Mann kommt heute auch früh, also können wir endlich mal wieder einen Nachmittag gemeinsam im Garten arbeiten. Den Häcksler aus seinem Versteck gerollt, ich schneide, die Tochter häckselt. Wir holen den Welpen aus dem Verlängerungskabel, in dem er sich heillos verheddert hat.
Der Mann schreibt mir eine Nachricht, dass seine Tochter mal wieder in die Notaufnahme muss und er jetzt nach Hause kommt, um dann mit dem Auto ins Krankenhaus zu fahren. Ade, Gartennachmittag. Wir holen den Welpen wieder aus dem Verlängerungskabel und machen weiter. Ein Hase schießt durch den Garten, ein großer brauner Hund (deutlich langsamer, aber immer noch wahnsinnig schnell) rennt hinterher. Wir bringen die Hunde rein. Als wir einige Hecken und einen ganzen Baum gehäckselt haben, fangen wir Hasen ein und machen die vermutete Ausbruchsstelle noch unpassierbarer. Ich wische Pfützen aus der Diele. Der Mann wird bereits in der Maschinerie der Notaufnahme verwurstet und wandert mit dem ZusatzKind von Station zu Station.

Ich schreibe ein wenig an diesem Blogartikel und denke, das ist ja super Content für einen WMDEDGT-Eintrag, da ploppt im Ticker die Meldung hoch, dass ein Krankenhaus brennt. Genau das Krankenhaus, in dem der Mann sich gerade befindet. Super. So langsam reicht es jetzt für diesen Tag.
Ich schneide noch die Hecke zum Nachbarn, die langsam unseren Garten frisst, bespaße ein wenig das kleine Kind, das sich etwas vernachlässigt fühlt und außerdem den großen Bruder vermisst und falle dann in einen Stuhl.
Der Mann kommt abends nach 5 Stunden Notaufnahme wegen gar nichts (Ach, doch, wegen Drama, Baby!) wieder nach Hause und wirkt leicht ungehalten. Verständlich. Ich koche Abendbrot für die Kinder, danach bringen wir alle Tiere wieder in die dafür vorgesehenen Ställe und füttern sie. Der Garten müsste noch gegossen werden, das lagere ich heute aber auf den Mann aus. Der Kiefer schmerzt ohne Ende und Hinlegen hätte mir heute gut getan. Egal, bald geschafft.
Ich nehme den Hunden noch diverse Kinderschuhe, Dreckwäsche und andere Dinge weg, der Mann wischt weitere Pfützen weg, ich freue mich sehr über eine seltsame Nachricht von meinem Sohn aus England, über einen lieben Menschen, der plötzlich in meinen Telefonkontakten auftaucht und denke noch ein wenig über ein Thema nach, das mich heute Morgen kalt erwischt hat, nicht loslässt und zu dem ich noch so viel zu sagen (schreiben) hätte. Aber nicht mehr heute, heute hat genug wehgetan.

Jetzt gibt es gleich Sofa mit den Lieblingsbärchen und dem Mann, ein wenig Netflix und morgen wird ein besserer Tag.

Kati 05.07.2019, 19.50 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

Diverses

Der Tag beginnt mit einem lange geplanten Zahnarzttermin und das ist für mich ziemlich bescheuert. Dort angekommen ist der Zahnarzt zwar immer noch großartig, entscheidet sich aber in letzter Sekunde, von zwei Baustellen nicht die Geplante zu nehmen, sondern die Andere. Das ist für jemanden, der sich seelisch sehr auf solche Besuche vorbereiten muss, eher ungünstig. Es war dann (wie immer) halb so wild, aber unangenehm und 45 Minuten später war ich wieder draußen.

Die Hand heilt. Langsam, aber beständig. Ich hoffe, ich kann auch die verbleibenden drei Pflaster am Donnerstag abmachen, wenn der kleine Eisbär, der mal ein Hund werden will, abgeholt wird. Die Haut ist noch sehr empfindlich und ich fürchte, ich werde noch einige Wochen mit den Nachwirkungen zu kämpfen haben.
Ich hoffe, dass ich ab morgen endlich wieder ins Fitnessstudio gehen kann, das fiel wegen der Hand jetzt nämlich auch eineinhalb Wochen aus.

Der Hundekeks hat endlich einen Namen, mit dem wir alle einverstanden sind und der für ihn einfach perfekt ist.
Ich freue mich unendlich auf Donnerstag.
Ob der kleine Braunbär, der mal ein Hund werden wollte, das genauso sieht, ist zumindest fraglich, aber ich vertraue auf sein Wesen und seinen Charakter. Und Begeisterung erwarte ich ja auch gar nicht.

Der Mann und ich haben eine Entscheidung getroffen, die genauso unspektakulär wie wichtig ist. Wie immer auf unserer Schaukel, wo ohnehin die besten Entscheidungen getroffen werden können.

Die Hasen-Vergesellschaftung ist nach wie vor ein voller Erfolg. Es bilden sich erste neue Freundschaften und Schwärmereien und das Sozialverhalten von Kaninchen ist etwas, das für mich wohl nie von seiner Faszination verlieren wird. Die ganzen kleinen wie großen Gesten berühren mich zutiefst. Schnuppe und ihr Vater Kasimir, den sie ja bislang nicht kannte, haben sich gesucht und gefunden. Sie machen das Gehege unsicher, verbünden sich gegen andere Kaninchen und streiten sich auch durchaus mal, bis das Fell fliegt. Eine der berührendsten Gesten bei Kaninchen ist die, die der Entschuldigung und dem Waffenstillstand gleichermaßen dient: Beide Kaninchen sitzen voreinander, keines unterwirft sich, sondern die Köpfe sind auf gleicher Höhe. Dann senken beide zeitgleich ihren Kopf und drücken für einen Moment die Stirn aneinander. Wann immer ich einen dieser seltenen Momente miterleben darf, geht mir das Herz auf. Ich liebe diese Tiere einfach.

Während der Hasen-Vergesellschaftung haben wir insgesamt 800 Kilogramm Beton-Estrich angerührt und den Boden des Gesindehauses neu gegossen, während die Hasen auf neutralem Gebiet weilten. Das ganze sehr angeschlagen mit kaputter Hand, aber mit vereinten Kräften und der ganzen Familie geht eben auch das.

Die Familie hat entschieden, dass wir nach dem Einbruch des unbekannten Tieres in das Wachtelgehege noch einmal neu brüten werden. Die verbleibenden Wachteln sind recht einsam und für zwei Eier am Tag lohnt sich die Haltung dann auch nicht. Das Bild der getöteten Tiere verfolgt mich nach wie vor. Es ist schwer für mich, den Verlust von besonders Bernadette zu verarbeiten. Ich habe dieses verrückte Huhn so geschätzt.

Die Party des großen Sohnes war sehr erfolgreich, in einer Woche legen wir eine weitere Party für die Kriegerprinzessin nach.

Danach wird es zum Glück ruhiger und ich kann mich voll und ganz auf den Hundekeks konzentrieren.

Kati 27.05.2019, 18.00 | (1/1) Kommentare (RSS) | PL

Muttertag

Duftender Flieder und Geschenke zum Frühstück. Drei wunderbare Kinder, die mich als Mutter anscheinend recht gerne mögen. Drei Stunden Autofahrt, auf der wir dank abgestürztem Navi beinahe die niederländische Grenze überqueren. Ein wunderbarer Besuch bei Hundemenschen. Mein Hochzeitstagsgeschenk aussuchen. Glücklich sein. Zwei Stunden zurückfahren (ohne auch nur in die Nähe der Grenze zu kommen). Aufgedrehte Kinder umarmen. Eis essen. Schlafen gehen.

Kati 12.05.2019, 22.00 | (0/0) Kommentare | PL

Organisatorisches

Die Zeit, die die Dinge benötigt haben, um sich neu zu ordnen, uns zu verändern und unserem Leben eine andere Richtung zu geben, war unglaublich hart. Die Verzweiflung ist inzwischen (meistens) der kalten Erkenntnis gewichen, etwas Wertvolles unwiederbringlich verloren zu haben. Vertrauen, Vertrautheit, Beziehung, Glaube, Hoffnung, Zukunft.
Den letzten Schritt haben wir vor einigen Wochen getan, als wir unser sehr umfangreiches Testament mit ausdrücklichen Nachlassregelungen an die veränderten Umstände anpassen mussten. Wir haben das lange vor uns hergeschoben, lange gehofft, aber nun ist es erledigt.
Die Unterschriften unter diesen Nachsatz haben das Kapitel auch rechtlich für uns geschlossen.

Kati 09.05.2019, 12.00 | (0/0) Kommentare | PL

Ausgelaugt

Ein Tag, der mit Zahnarzt anfängt, kann eigentlich nur besser werden, aber das wusste der heutige Tag wohl leider nicht.
Mein neuer Zahnarzt ist immer noch großartig und leider hat sich mein Bauchgefühl, dass ich meinen geliebten alten Zahnarzt verlassen muss, weil er aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf auszuüben, bewahrheitet.
Wir versuchen jetzt, den angerichteten Schaden nach und nach zu beheben.
Leider wurde aus "eine Baustelle ausbessern" gleich "oh, davon sind jetzt mindestens drei Zähne betroffen" und es sind die Nerven ziemlich gereizt und das umliegende Zahnfleisch ziemlich wund.

Auf dem Weg nach Hause wollte ich nur noch kurz einkaufen und dann ins Bett, habe aber eine Freundin getroffen und erfahren, dass deren Welt gerade zusammenbricht.
Also habe ich sabbernd und mit zunehmenden Schmerzen zwei Stunden mit ihr verbracht und keine Sekunde davon bereut, aber meine Kraftreserven näherten sich dem Ende.

Zuhause angekommen und mit inzwischen einem Schulkind zuhause kam der nächste Anruf und eine liebe Freundin kündigte spontanen Besuch an, den ich aus Gründen auf gar keinen Fall verschieben wollte. Sie hatte ihre Tochter - eine der ehemals besten Freundinnen des großen Tochterkindes - dabei und Begegnungen mit diesen 17jährigen wunderbaren Geschöpfen tun immer noch und immer wieder sehr sehr weh.
Ganz tief in der Seele.

Nachdem sie gegangen waren, lohnte hinlegen auch nicht mehr und ich fing mit Mittagessen an und weitere Schulinder trudelten ein.
Die Betäubung war inzwischen weg und alles tat furchtbar weh, also stieg ich auf Schmerzmittel um.
Beim Mittagessen kamen wir über Umwege auf die Suizidbekundungen der Stieftochter und was das drei Jahre lang mit uns gemacht hat.
Wieviel durch diese fatale Entscheidung eigentlich kaputt gegangen ist. Wie nachhaltig der ständige Anblick der Schnittwunden und ihre Aggressivität und ihre destruktive Art die Kleinen beeinflusst haben.
Meine Güte, was haben wir unseren Kindern nur angetan.
Nach einer intensiven Diskussion über Suizid und selbstverletzendes Verhalten und Sterbehilfe, in der ich wie immer sehr darauf achten musste, sowohl den Großen ein angemessener Gesprächspartner zu sein und gleichzeitig für die Kleinen das Thema so kindgerecht wie möglich zu besprechen, hat es mich dann dahingerafft und ich bin ins Bett gefallen.

Aus komatösem Schlaf weckte mich der Anruf des Mannes, dass die nötige Autoinspektion wohl 800 Euro kosten würde - deutlich mehr als geplant.
Für ein Auto, das wir gekauft haben, um eine große glückliche neunköpfige Familie mit passendem Fahrzeug zu sein.

Nach dem Auszug des Tochterkindes fehlt uns ohnehin jeden Monat so viel Geld an Kindergeld und Kinderzuschlägen beim Gehalt des Mannes, dass ich manchmal nicht mehr weiß, was ich noch tun soll.
Der langersehnte Urlaub nach Österreich im Herbst, den wir so dringend nötig hätten nach den letzten drei Jahren, wird mit der Werkstattrechnung dann wohl gestrichen werden.
Im Urlaub waren wir 2011 das letzte Mal.
Ich traue mich nicht, das laut auszusprechen, die Kinder freuen sich so sehr.
Es ist in den letzten Monaten so viel nicht Reparierbares kaputt gegangen, dass kombiniert mit den (schlussendlich sinnlosen) Ausgaben des letztes Sommers für das große Tochterkind alle unsere finanziellen Reserven aufgebraucht sind.

Ich will nicht meckern und noch weniger undankbar sein, aber der Einschnitt ist einfach schmerzhaft spürbar.
An Tagen wie diesen hält sich mein Durchhaltewillen dann auch mal in Grenzen.

Ich freue mich jetzt darauf, dass der Mann mir Milchreis kocht - der ist für die Seele - und dass morgen unsere neue Waschmaschine geliefert wird, weil die Alte vor drei Tagen den Geist aufgegeben hat.
Ich bin dankbar, dass wir das finanzieren können, auch wenn es gerade sehr weh tut.

Die Tiere und der Garten haben mir heute den Trost gegeben, den ich nirgendwo sonst finden kann, ich habe einen großartigen besten Freund und Mann, sehr geschätzte Menschen in meinem Leben und vielleicht wird es morgen in mir auch wieder ein bisschen heller.

Kati 02.05.2019, 21.00 | (2/2) Kommentare (RSS) | PL

Mäh.

Und manchmal, da sieht Alltag eben auch einfach so aus:

Aufstehen, Frühstück machen, Kinder rausschubsen, wieder hinlegen, weil man solche Schmerzen hat, zum Orthopäden fahren, eingerenkt werden, eine halbe Stunde am Schmerzmitteltropf hängen, nach Hause fahren, eine Freundin mit ihrem Tier zum Tierarzt begleiten, einkaufen, Essen kochen, die Kinder in Empfang nehmen, Mittagessen, reden, Hausaufgaben begleiten, mit dem eigenen Hasentier zum Tierarzt fahren, mit den Kindern einen Spaziergang machen um neue Poketiere zu fangen, Essen für den Mann kochen, Abendbrot für die Kinder machen, Kinder ins Bett schicken, aufs Sofa fallen, Serien kucken, ins Bett gehen.

Kati 22.01.2019, 22.00 | (0/0) Kommentare | PL

Scherbenwege

Die Tage plätschern mal, mal fliegen sie dahin. Sie werden dunkler und ich bin froh und dankbar, wenn die Tage ab Samstag endlich wieder heller werden. Stück für Stück. Momentan kann ich frühestens ab 9 Uhr raus zum Arbeiten, weil es dann erst richtig hell ist und nachmittags muss ich bereits um 16 Uhr die Tiere alle wieder in die Ställe bringen, weil es dann dunkel wird und ich ungern tarnfähige Tiere mit Taschenlampe im Garten suche. Ich treffe nur wenige Menschen, denen es möglich ist, meinen Schmerz in Bezug auf die Tochter einfach anzunehmen und stehen zu lassen. Der Mehrheit scheint es unmöglich zu sein, ihre Allgemeinplätze und aufmunternden Isnichsoschlimms bei sich zu behalten. Das ist kräftezehrend und zermürbend gleichermaßen. Die Halbwahrheiten über mich und meine Familie, die die Tochter etliche 100 Kilometer von hier entfernt in die alte Welt entlässt, treffen mich oft hart und unerwartet. Ich frage mich mitunter, wie diese Betrachtungsweisen zustande kommen konnten. Verbote, die ich nie ausgesprochen habe, Umstände, die einfach nicht existent waren und die nun als Messerstiche hinterrücks zu mir kommen. Es ist bitter. Ganz allumfassend. Ich will eine Möglichkeit finden, diese Dinge mit ihr in einem persönlichen Gespräch zu klären, wenn sie zwischen den Tagen hier ist. Momentan entzieht sie sich jedem Dialog. Auch das ist bitter. Es scheint mir, als würde alles auf dem Prüfstand stehen. Mein Selbstbild als Mutter, meine Erziehung, meine Weltsicht, meine Vorstellung von dem, was ich als Familie aufbauen wollte, meine Beziehung zum Mann, meine Beziehung zu den Kindern. Habe ich mir all die Jahre etwas vorgelogen, was so gar nicht existiert? Das starke Band, das ich zwischen mir und der Tochter wähnte - wo ist es? Habe ich es mir nur so stark gewünscht und mir eingebildet, es sei so? Wo bin ich falsch abgebogen? Was habe ich so grundlegend verkehrt gemacht, dass die Dinge nun ausgerechnet diese Wendung genommen haben? Oder ist es mir in meinem Narzissmus nicht möglich gewesen zu sehen, wie sehr die Tochter unter dem litt, was sie als ihre Wahrheit betrachtet? Sie hat viel verbrannte Erde hinterlassen. Lebt ihr neues Leben, in dem wir augenscheinlich keinen Platz mehr haben. Was bleibt also? Ich will nicht in Gram und Kummer versinken. Ich will meinen Weg finden, mit der offenen Wunde zu leben. Ohne Groll. Das wird uns beiden nicht gerecht, auch wenn die Wut und Ohnmacht mich von Zeit zu Zeit noch sehr herausfordern. Unser Leben hat sich um fast 180 Grad gedreht. Dinge, die mir früher unglaublich wichtig waren, sind nun unwichtig geworden. Sie haben keine Bedeutung mehr, gemessen an dem, was passiert ist. Jedes Extrem ist gefährlich, ich weiß das. Und ich kann nur hoffen, dass ich irgendwann den Mittelweg finde, der für mich und meine Familie nun der Richtige ist.

Kati 17.12.2018, 18.00 | (0/0) Kommentare | PL

Baugrube

Wir haben seit einiger Zeit ein riesengroßes Trampolin für den Garten und nach dem Aufbau stellte ich sehr schnell fest, dass ich das auf gar keinen Fall in dieser Aufbauhöhe ständig würde ansehen wollen. Also beschloss ich kurzerhand, dass das Trampolin in den Boden muss. Die Fläche ist da, wir besitzen genug Spaten und Schaufeln und Schubkarren und Körperkraft und den Erdaushub können wir auch gut gebrauchen.

Was ich nicht so ganz durchdacht hatte (ich gebe zu, ich hätte es ausrechnen sollen, dachte aber arrogant, mit meiner Erfahrung könnte ich das in etwa schätzen...), wieviel Erdreich wir bei einem Trampolin mit 5 Metern Durchmesser und einer Höhe von über einem Meter würden bewegen müssen. Ja. Und jetzt schaufeln wir. Die Kinder und ich jeden Tag 10-15 Schubkarren. Das ist eine Stunde Arbeit für uns und wir haben inzwischen fast die Hälfte geschafft. Jetzt kommt leider der Bereich, in dem die große Hainbuche vor dem Haus ihre Wurzelausläufer hat. Der große Sohn schwingt die Axt und wir arbeiten uns Stück für Stück voran.
Spaß ist anders.
[Zählt aber als Sport.]

Kati 29.11.2018, 12.00 | (0/0) Kommentare | PL

Wichtelmist...

Ich kann verstehen, wenn ein Lehrer diese Wichtelidee schön findet. Es geht bloß total an der Realität vieler Menschen vorbei, kurz vor Nikolaus und Weihnachten (außerdem in einer Zeit, in der man meistens Winterschuhe und -kleidung kaufen musste) für jedes einzelne Kind ein "nicht zu teures, aber auch keinen Plastikschrott - bitte nicht nur Schokolade und bitte auf das Geschlecht, die Religionszugehörigkeit und die Vorlieben des zu Beschenkenden achtend von 5 bis maximal 10 Euro"-Geschenk zu kaufen. 
Das ist neben den Alltagsausgaben ein ganzer Batzen Geld. Je mehr Kinder, desto größer das Problem.

Und wenn ich eine Mutter treffe, die mir erzählt, dass sie lieber bei den Weihnachtsgeschenken für ihre Kinder spart, als ihre Kinder dadurch zu beschämen, dass sie ihnen zum Wichteln nur was Billiges mitgibt, dann ist das einfach nur verkehrt.
Mein Sohn hat letztes Jahr eine Tafel seiner Lieblingsschokolade bekommen und war extrem glücklich damit.
Auch wenn die "nur" einen Euro gekostet hat.

Ich bin dieses Jahr dankbar, dass ich viele der Wichtelkinder kenne, die meine Kinder gezogen haben und die Geschenkauswahl nicht allzu schwer war.

Wie jedes Weihnachtswichteln muss ich an die Begebenheit von vor einigen Jahren denken: Eines meiner Kinder hat ein Schmuckstück von unserem Juwelier hier bekommen, das einen Wert von knapp 40 Euro hatte. Da greife ich mir heute noch an den Kopf.
Denn schlussendlich: Es ist nur Schulwichteln. Keine Heiligabend-Bescherung.

Kati 28.11.2018, 12.00 | (0/0) Kommentare | PL



Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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