Blogeinträge (themensortiert)

Thema: Gedankenchaos

Allein

Seit über 5 Monaten mit immer mindestens einem weiteren Menschen im Haus bin ich heute zum ersten Mal wieder allein. Und schon um 5 Uhr heute Morgen hüpfte mein Herz aufgeregt, ob es wohl heute alles klappen würde oder ich mich wieder umsonst gefreut hätte. Es ist ein anderes Allein, als wenn der Mann mal kurz die Kinder mit zum Einkaufen nimmt oder sie für eine Stunde beim Arzt sind. Es ist ein echtes Allein, Eines, das nur mir gehört. Kein Geborgtes, kein Geschenktes, kein künstlich Herbeigeführtes, sondern genau jenes, welches ich so dringend benötige, um die Zügel locker zu lassen. 
Die Verkrampfungen im Nacken und in den Schultern sind kaum noch zu ertragen, die Aussicht auf den Termin in der nächsten Woche lässt weder Gedanken noch Körper zur Ruhe kommen. 

Der Mann und ich haben es uns in den letzten Wochen in einer Blase gemütlich gemacht, die all das ausblendet, was mich nicht schlafen lässt und vielleicht lache ich nächste Woche darüber, weil das so unnötig war. Wenn nicht, kann uns diese Zeit niemand mehr nehmen. Es kommt, wie es kommt. 

Der große Sohn hat mich in dieser Zeit viel Langmut gelehrt. Es ist speziell, gerade ihn zu begleiten, sind seine Bedürfnisse und sein Tempo doch so anders als dass mir es jemals vertraut werden würde. Immer einen Schritt vor und dann aus Angst wieder zwei oder mehr Schritte zurück. Warten. Erstarren. Warten. Irgendwann dann wieder ein zaghafter Schritt vor und gleich wieder zurück das Ganze. Bis er lange genug in seinem Kokon gegrübelt und ausgeharrt hat, dieser überraschend über Nacht zu eng wurde und der Sohn sich einem Schmetterling gleich herausschält und seine Flügel ein weiteres Mal ausbreitet. So glücklich mich das macht, so nervenaufreibend ist es, diesem Prozess beizuwohnen. 

Mit der damit verbundenen Entspannung kommt das Gefühl wieder an die Oberfläche. 
Ich habe Angst vor der Gewissheit.
Ich habe Angst, dass sich nächste Woche unser gesamtes Leben für immer verändert.

Kati 26.08.2024, 07.00 | (2/0) Kommentare (RSS) | PL

Desillusioniert

Vor einem Jahr war da dieses kleine Häuschen, das mich so anlachte. Perfekte Umgebung, direkt am Wald, Garten, zwar renovierungsbedürftig, aber ich dachte, da könne man ja ein gemeinsames Projekt draus machen, Geld würde schließlich zumindest temporär keine Rolle mehr spielen. Und weil das Leben eine ziemliche Schlampe in Bezug auf Träume ist, erfuhr ich in genau diesen Tagen, dass ich von etwas ausging, für das ich gar nicht eingeplant war. Menschen sind hedonistische Opportunisten und das Erbe meines Vaters hat mir das so nachhaltig vor Augen geführt wie es kein anderes Ereignis hätte tun können. Ich war nicht mehr Kati, ich war Plan B. Ich möchte für Menschen in meinem Leben allerdings nur Plan A sein. Ob mit oder ohne Geld. Ich weiß erst heute, wie utopisch dieser Wunsch war.

Kati 12.06.2024, 08.00 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

Worte

Wenn jede Diskussionen nurmehr in Schmerz und Hoffnungslosigkeit endet, dann verliert man seine Worte. Auch im Schreiben. Und obgleich das Schreiben mich in erster Linie im Oben hält, verbindet es mich mit all meinen unteren Ebenen, während sich Buchstaben zu Gefühl fügen. Ich versuche seit Wochen, den Wechsel zu erzwingen. Seit Tagen laufe ich mir die Seele aus dem Leib. Hoffe, wenn das Herz stolpert, wenn die Lunge keucht, wenn meine alten Programme aktiviert werden, kommt die Ablöse. Sie kommt nicht. Früher, ganz ganz früher dachte ich mal, dass man bei zu viel Schmerz ohnmächtig wird und der Körper dann automatisch abschaltet. Ich sollte schnell und nachhaltig lernen, wie viel ein Geist und eine Seele ertragen können, bevor der Körper aufgibt. Viel zu viel. Ohnmacht ist keine ernsthafte Handlungsoption. Sie kommt erst, wenn die Scherben schon auf dem Boden liegen. Manchmal kommt sie gar nicht. Und was bleibt, ist Hilflosigkeit gegenüber dem ersten und letzten Verräter meines Lebens: Dem Tod. Ich weiß nicht, ob er mich erst haben will, wenn ich ihn nicht mehr begehre oder ob er einfach gleichgültig gegenüber allen Dingen ist, wie es das Universum an sich mit uns auch hält. Worte. Ich wollte etwas über meine verlorenen Worte schreiben. Die Worte und Wörter, die ich erst wieder finden muss, weil sie im Alltag im Nichts verhallen. In der Verständnislosigkeit, die so allumfassend ist, dass ich kein Echo mehr fühle. Nicht in mir, nicht in meinem Gegenüber. Ich kann seit Monaten meine Akkus nicht mehr laden, weil ich keine Sekunde, keine Minute des Tages hier allein sein darf. Es ist nicht mehr vorgesehen, dass ich zur Ruhe komme. Und darum ziehen die Schultern nach oben, der Kopf geht in Deckung, ich kann nicht mehr schwindelfrei liegen, stehen, laufen, ich bestehe nur noch aus Schmerz, Angst und Verzweiflung. Ungesehen. Unverstanden.

Kati 11.06.2024, 08.00 | (1/0) Kommentare (RSS) | PL

Scheideweg

Mir gehts nicht gut.

Kati 10.06.2024, 08.00 | (2/0) Kommentare (RSS) | PL

Desillusioniert

Ich sehe nicht, dass es sich rentiert, ein aufrechtes Leben zu leben. Ich sehe die Dinge, Sozialleistungen, Geld, Spenden, Mitleid, Zuwendung, Geschenke, die Menschen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ergaunern und wie sie jenseits jeder Moral und jenseits des theoretisch vorgegebenen zivilisatorischen Konsens von Ethik und Sozialverträglichkeit nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. 

Und es ist nicht einmal, dass mich das überraschen würde. Oder mich in seinem Ausmaß erschreckte.
Ich bin auch heute noch von Menschen umgeben, die so nah am Bodensatz der Gesellschaft überleben müssen, dass sie natürlich andere Entscheidungen treffen als der Großteil der Bevölkerung treffen müsste. Ich kenne Menschen, die klauen, die sich aus Not prostituieren, den Staat bescheißen, die ihre Kinder oder Partnermenschen schlagen, sie anschreien, misshandeln, die betrügen, und lügen, wenn sie den Mund aufmachen. Eine meiner Alltagsaufgaben ist es, diesen Menschen genau dann eine Hand zu reichen, wenn sie mir im selben Atemzug nicht die Handtasche klauen und ich kann das gut. 
Ich verurteile das moralisch nicht.
Ich werte nicht. Ich höre und ich sehe und ich kenne den Unterschied zwischen Mensch und Verhalten. 
Ich kenne den Überlebensmodus. 
So anders und doch so gleich. 
Wenn du einen Großteil deines Lebens auf deine Amygdala heruntergebrochen wirst, denkst du nicht mehr nach. 
Du tust Dinge. 
Und ein Wertesystem ist für die moralisch privilegierten. 
Moralisches Privileg entsteht aus Sicherheit.

Und genau hier ist der Punkt, der mich desillusioniert. Wenn sogar die moralisch Privilegierten entscheiden, ihren Neocortex nur dafür zu nutzen, wie sie ihr Leben maximal komfortabel gestalten können, wie sie andere ausnutzen, um Geld erleichtern, wie sie auf Mitleid spielen und persönliche Vorteile aus einem wackeligen Lügengebilde erfahren, wo genau ist der Sinn, dass es einen anscheinend nur verschwindend geringen Teil Menschen gibt, die sich bemühen, genauso nicht zu sein?

Do what is right. Not what is easy.

Es scheint mir immer mehr ein Spruch aus einer Fantasiewelt zu sein, die ich mir zurechtgezimmert habe, weil ich daran glauben wollte, dass es tatsächlich einen nicht unerheblichen Bruchteil an Menschen gibt, die nach dieser Maxime ihr Leben gestalten wollen. Nicht perfekt, aber bemüht. Wenn ich mich in nächster Umgebung umblicke, brauche ich nicht einmal alle Finger einer Hand zum zählen. Und wer weiß schon, welche Leichen im Keller diese Menschen verbergen.

Vertraue niemandem. Alle Menschen lügen. Immer.

Soll ich also in meinem Leben wirklich so weit gekommen sein, um letzten Endes zu erkennen, dass wir als Menschheit unterm Strich genau so sind, wie meine Herkunftsfamilie immer prophezeit hat? 
Korrupt, moralisch verkommen und nur auf den eigenen Vorteil bedacht? 
Und warum sollte ich dann an mein eigenes Verhalten andere Maßstäbe anlegen, wenn es mir doch hierbei nur zum Nachteil gereicht?

Ich kann die Zwischentöne gerade nicht mehr sehen, während alles, was nicht weiß ist, ins Schwarz rutscht. 
So unendlich traurig über Erkenntnisse, die schon immer da waren.

Kati 08.11.2023, 09.00 | (3/0) Kommentare (RSS) | PL

Overload

Menschen nerven mich gerade. Das ist ziemlich schlecht, bin ich doch ununterbrochen von Menschen umgeben.
Aber ich bin zurzeit urteilender als ich den Anspruch an mich stelle.
Bin angefasst, wenn ich angegriffen oder doof angemacht werde, nehme viel persönlich, was ich okayen sollte und fühle mich aktuell mit vielleicht höchstens einer Handvoll Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung richtig wohl, den Rest möchte ich gerne auf den Mond schießen.
Es gibt ein paar wenige Personen, die es leider unter Vorspiegelung irreführender Tatsachen bis in meinen SafeSpace geschafft haben und ich kämpfe hart, das Problem für mich auf gesellschaftlich akzeptablem Weg zu lösen.

Die Stalkinggeschichte der letzten Monate, das Eindringen in unseren höchstpersönlichen Lebensraum hier im Städtchen und „zufällige“ Begegnungen tun ihr Übriges, dass ich manchmal einfach nicht mehr sichtbar sein möchte. Aber das Problem ist nicht meins. Wer nicht genug sozial angemessene Verhaltensweisen verinnerlicht hat und uneingeladen hier auf meiner Grundstückstreppe sitzt oder mich am Tag mit dutzenden Nachrichten bombardiert, ohne dass ich jemals darauf geantwortet hätte - der hat ein Problem.
Und zwar ein Gewaltiges.
Ich übernehme dafür keine Verantwortung.

Aber sicherlich hat es den Schritt beschleunigt, einen 22.000 Follower-Account einfach zurücklassen zu können, ohne allzu traurig darüber zu sein, ein weiteres Kapitel zu beenden. 

Es liegt eine seltsame Faszination darin, mit Großaccounts zu kommunizieren und ich verstehe nicht, welche. Allein der Blick in mein Postfach deckt alle Untiefen menschlicher Absurditäten ab, die man sich nur vorstellen kann. Ich möchte offen für Menschen bleiben, aber ich möchte nicht überfahren werden. Ich kommuniziere ungern konstruiert und schon meine 40 Guten-Morgen-Kati-Nachrichten auf WhatsApp lassen mich innerlich manchmal schreiend davonlaufen. 
Ich halte das aus, weil mir Menschen wichtig sind. 
Wozu ich allerdings nicht bereit bin, ist, dass Menschen, die ich nicht ermutige, insistieren, mit mir eine wie auch immer geartete Form von Gespräch führen zu dürfen, einfach weil ich öffentlich bin und gefälligst verfügbar zu sein habe.

Ein anderer problematischer Aspekt ist der, dass Menschen denken, mich zu kennen, weil sie 1 bis 10 Mal am Tag von mir 140 Zeichen lesen können.
Und das ist wirklich ein richtig großes Problem. Ich bin jeden Tag öffentlich. Manchmal zeige ich einen Ausschnitt meines Tages. Manchmal aus der Vergangenheit.
Fast alles ist auf leichtes Verständnis heruntergebrochen. Manchmal teile ich einen Standpunkt, eine Ansicht, eine Moralvorstellung. Nichts davon ist so heiß, dass ich es nicht ertragen kann, wenn es angegriffen wird. Nichts. Das heißt, alles, was mich emotional wirklich hart anfasst, ist dort eher nicht zu lesen. Alles, was ich formulieren kann, ist soweit abgekühlt, dass ich einen gewissen Abstand habe. 
Und trotzdem denken Menschen, die nur diese Ausschnitte lesen, dass sie wissen, wie mein gottverdammter Tag war oder was mich beschäftigt hat.

Wenn ich mit Menschen kommuniziere, die sowohl mein Twitter/Insta/Blog/Facebook/whatever lesen als auch mich im realen Leben kennen, dann merke ich schnell, wer den Großaccount für das Maß aller Dinge hält und wer tatsächlich die Kati hinter dem Kompendium sehen kann. 
Ich weiß, wie verführerisch und leicht es uns SocialMedia macht, ein Podest für die zu erschaffen, die wir nur so sehen wollen, wie wir das gerade brauchen. 
Und auch hier, einmal mehr: Nicht mein Problem, nicht meine Verantwortung. Ich will keine Projektionsfläche für anderer Leute Idealvorstellungen sein. 

Ich will ich sein und um meiner selbst willen interessant sein und um meiner selbst willen von denen gemocht werden, die mir wichtig sind. Ich vermute, wie jeder Mensch.

Letzten Endes ist gerade eine Plattform wie Twitter ein Darstellungsmedium. 
Und ich liebe das. Ich liebe die Gedankenschnipsel, die unterschiedlichen Themen, den Tellerrand, die Möglichkeit, es als seelischen Mülleimer, als Roleplay, als DailySoap oder als Nachrichtendienst zu nutzen. 

Bedenklich wird es erst, wenn daraus die Theorie konstruiert wird, dass ein solches Medium einen Menschen und dessen Leben komplett abbilden kann. 
Gefährlich wird es dann, wenn sich daraus eine Obsession entwickelt.

Im Mittelpunkt steht man immer allein.

Kati 23.08.2023, 11.28 | (6/0) Kommentare (RSS) | PL

Phantomschmerz

Ich war gerade mehrere Stunden beim Zahnarzt und es war eine wirklich unangenehme Sitzung unter erschwerten Bedingungen, aber nichts von alledem beschäftigt mich gerade, sondern es geht um einen anderen Umstand: Ich habe das erste Mal ganz bewusst das Echo einer Panikattacke durchlebt, die gar keine war. Herzschlag, Atmung, alles unauffällig, der Neocortex voll aktiv und trotzdem pumpte in den Tiefen meines Seins etwas vor sich hin. Und das Faszinierende daran ist: Ich hatte das Gefühl, ich MUSS jetzt eine Panikattacke haben, weil das schon immer so war. Das Ausbleiben der Angst erzeugte wiederum Angst und so geriet ich kurz in eine Schleife von Gefühl, in der ich nicht mehr sagen konnte, wo die Erinnerung endete und die Realität begann. Es hallte als dumpfes Pochen in mir nach, aber da war niemand, der gerade wirklich ein Problem hatte. Im Gegenteil. Ich hatte keine Alpträume, ich habe gut geschlafen, wie ich das schon seit längerer Zeit vor Zahnarztterminen schaffe, ich hatte keine Schweißausbrüche, keine Atemnot, keine Flashbacks, nichts. Wir waren heute Morgen sehr versammelt und gut aufgestellt, trotz des seltsamen Starts in den Tag, der allein mich schon außer Gefecht hätte setzen sollen, es aber nicht tat. Und trotzdem war da ein Phantomschmerz aus vergangenen Zeiten, der um der Anerkennung willen beachtet werden wollte. Ich habe aufmerksam in mich hineingehorcht und da war keine Angst. Keine Bedenken. Nichts. Ich vertraue diesem Arzt und das letzte Jahr hat gezeigt, dass alle meine Grenzen geachtet werden. Auch die Unsichtbaren. Die, die nur in meinem Kopf existieren. Das Grauen, das er nicht kennt und trotzdem fühlt, dass es mich von Zeit zu Zeit so sehr lähmt, dass eine Behandlung unmöglich wird. All das auf hochprofessioneller Ebene, auf dem neuesten Stand der Technik und als Arzt, der vor ihm schon allein aufgrund seines jungen Alters für mich nie in Frage gekommen wäre, weil auch seine Jugendlichkeit Unangenehmes hochholt.

Ich habe mein Erleben transformiert und mir fehlen die Worte für die unermessliche Größe dieser Leistung, dieses Sieges über meine Amygdala. Ich habe das gemacht. Ich habe mich all diesen Situationen ausgesetzt, auch als die Schmerzen schon längst verschwunden waren und ich es hätte schleifen lassen können, wie so oft in der Vergangenheit. Habe ich aber nicht. Ich bin in den Zweikampf mit dieser meiner Nemesis gegangen, freiwillig. Und ich habe triumphiert.

Kati 22.08.2023, 16.29 | (0/0) Kommentare | PL

Hybris

Ich fühle mich dieser Tage, als könne ich vor Schuld und Schmerz keinen Schritt mehr weitergehen. Die quälend schwere Last lähmt mich. Es hämmert in meinem Kopf. Ich kann das nicht ertragen und muss es trotzdem aushalten. Und um wieviel leichter ist denn auch meine Bürde im Vergleich zu ihrer?
Ich würde ohne Zögern mein Leben für diesen Menschen geben und trotzdem habe ich es nicht geschafft, ihn zu schützen. Versagen auf ganzer Linie. Ich habe es weggeschlossen und spüre es vor sich hingären. Es kann dort nicht bleiben, aber ich kann es nicht ansehen ohne mich darin zu verlieren.

Kati 17.08.2023, 10.17 | (2/0) Kommentare (RSS) | PL

Plan B bis Z

Die erste Nacht wieder richtig tief und behütet geschlafen.
Was für ein Unterschied in dem Grauen, das die meisten Menschen Morgen nennen. 
Traumlos, vor allem. Was wichtig ist. 

Ich erinnere mich an die Zeit vor 5 Jahren, als nichts mehr ging. 
Als mein Herz in Fetzen im Brustkorb hing, kraftlos auspulsierend, gebrochen. 
Ich hab es mehrere Monate alleine geschafft.
Verbrachte die Tage in dumpfer Dunkelheit, sinnentleert vor mich hinstarrend und ging irgendwann wegen etwas ganz anderem zu meinem Hausarzt, wo es auf seine Frage, wie es mir ging, schwallartig aus mir herausbrach. 
Ich bekam das ganze Programm. 
Antidepressiva, Beruhigungsmittel, Schlafmittel. 

Um überhaupt wieder in diese Welt zurückzufinden, musste ich in der Lage sein, sie nachts zumindest kurzfristig zu verlassen. Und gepaart mit meiner ausgeprägten Panik, die Kontrolle abzugeben, brauchte ich jemanden an meiner Seite, der dabei über mich wachen würde, damit ich schlafen könnte. 

Also nahm ich abends mit klopfendem Herzen und voller Skepsis eine dieser winzigen Tablettchen, die mir zwar Ruhe aber auch Kontrollverlust bringen würde. 
Ich kann das nicht gut. Ich muss bereit sein, immer. Was, wenn was mit den Kindern ist, was, wenn was mit dem Mann ist, was, wenn ich das Haus verlassen muss, was, wenn ich Autofahren muss, was, wenn ich den Rauchmelder nicht höre, was, wenn…. Und bei Gott, ist das Zeug geil. Eine Viertelstunde nach der Einnahme gingen mir derart die Lichter aus, dass ich beim Aufwachen 14 Stunden später weder das typische Gefühl hatte, geschlafen zu haben, noch mich an Unruhe oder Träume erinnerte. 

Da war nur samtenes, tiefschwarzes Nichts. Wenn der Tod so aussehen würde - Hallelujah. Das wäre dann wohl der Inbegriff von ewigem Frieden.

Wir haben das nicht oft gemacht.
Es musste für mich stimmig sein, der Mann musste aufpassen, ich musste am nächsten Tag ausschlafen können, ich musste die Panik im Vorfeld bekämpfen können.

Nach kurzer Zeit stellte ich die kleine Dose Tabletten wieder in den Schrank, für Notfälle. Als Backup. Ich liebe Backups. 
Und so half sie mir im Endeffekt im Medizinschrank effektiver als wenn ich sie für den täglichen Gebrauch im Nachtschrank aufbewahrt hätte. Beruhigungsmittel, Antidepressiva, dasselbe. Ich schöpfe unendlich viel Kraft daraus, immer einen Plan B und C und D zu haben.

Und wenn die Zeit auch für sonst nichts gut war, dies habe ich mitgenommen. 
Es gibt etwas nach der Verzweiflung. 
Es gibt Mittel und Wege und Hilfe, wenn ich an dem Punkt bin, an dem es sich so anfühlt, dass nichts davon mehr existiert.

Kati 17.08.2023, 07.13 | (0/0) Kommentare | PL

Selbstmitleid

Ich suhle mich heute in dem zähen Morast meines fragilen Egos, das sich fragt, ob es überhaupt jemanden gibt, der mich vermisst, sich Sorgen macht, wissen will, wie es mir geht, das ganze Programm. Ich schreibe das auf, um es einzuordnen, brandzumarken und ein weiteres Stückchen zu reifen, erkenne ich doch immer zuverlässiger meine Mechanismen, so schmerzhaft diese Erkenntnisse mitunter auch sein mögen.

Was bin ich wert? ist meine Schlüsselfrage im Leben. Wann bin ich wertvoll? Was muss ich tun? Wieviel muss ich leisten, damit ich gemocht werde? 
Und nebenher entsteht gerade eine ganz zarte Verbindung zu jemand Unerwartetem, die ich mir lange als unsinnig eingeredet habe, obwohl ich da eine gewisse Sehnsucht gespürt habe.
Und auch hier wieder: Bin ich wertvoll genug? Reiche ich? Bin ich eine Zumutung?

Die, die ich in den nächsten Abschnitt mitnehme, werden im Wandel der Jahrzehnte zahlreicher. Und was mir vor 30 Jahren noch nicht wie Egozentrik vorkam, aber im Grunde genau dies war, ist die Formulierungsart der Frage. Wer darf mit? 
Heute lautet sie: Wer will das denn überhaupt?

Klebrig, hier unten in der Badewanne voller Selbstmitleid.

Mir fehlt gerade ein wenig die Zuversicht. 
Die letzte Woche war die emotional Härteste seit jenem Sommer vor 5 Jahren als sie gegangen ist.
Und ich bin wütend, weil ich mich nicht gesehen fühle. Alleingelassen bin in all dem seelischen Aufruhr, der in mir tobt. 
Finde keinen roten Faden in mir, an dem ich mich orientieren, kein Seil, das ich greifen und keinen Vorsprung, an dem ich mich festhalten kann.

Vielleicht ist es auch einfach okay, dass gerade so viel Einsamkeit, Trauer und Schmerz hochschwappen und ich einen Moment davon getragen werde.

Kati 16.08.2023, 12.09 | (25/0) Kommentare (RSS) | PL



Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

woanders:







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Do what is right. Not what is easy.
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