Blogeinträge (themensortiert)

Thema: Gedankenchaos

Hybris

Ich fühle mich dieser Tage, als könne ich vor Schuld und Schmerz keinen Schritt mehr weitergehen. Die quälend schwere Last lähmt mich. Es hämmert in meinem Kopf. Ich kann das nicht ertragen und muss es trotzdem aushalten. Und um wieviel leichter ist denn auch meine Bürde im Vergleich zu ihrer?
Ich würde ohne Zögern mein Leben für diesen Menschen geben und trotzdem habe ich es nicht geschafft, ihn zu schützen. Versagen auf ganzer Linie. Ich habe es weggeschlossen und spüre es vor sich hingären. Es kann dort nicht bleiben, aber ich kann es nicht ansehen ohne mich darin zu verlieren.

Kati 17.08.2023, 10.17 | (2/0) Kommentare (RSS) | PL

Plan B bis Z

Die erste Nacht wieder richtig tief und behütet geschlafen.
Was für ein Unterschied in dem Grauen, das die meisten Menschen Morgen nennen. 
Traumlos, vor allem. Was wichtig ist. 

Ich erinnere mich an die Zeit vor 5 Jahren, als nichts mehr ging. 
Als mein Herz in Fetzen im Brustkorb hing, kraftlos auspulsierend, gebrochen. 
Ich hab es mehrere Monate alleine geschafft.
Verbrachte die Tage in dumpfer Dunkelheit, sinnentleert vor mich hinstarrend und ging irgendwann wegen etwas ganz anderem zu meinem Hausarzt, wo es auf seine Frage, wie es mir ging, schwallartig aus mir herausbrach. 
Ich bekam das ganze Programm. 
Antidepressiva, Beruhigungsmittel, Schlafmittel. 

Um überhaupt wieder in diese Welt zurückzufinden, musste ich in der Lage sein, sie nachts zumindest kurzfristig zu verlassen. Und gepaart mit meiner ausgeprägten Panik, die Kontrolle abzugeben, brauchte ich jemanden an meiner Seite, der dabei über mich wachen würde, damit ich schlafen könnte. 

Also nahm ich abends mit klopfendem Herzen und voller Skepsis eine dieser winzigen Tablettchen, die mir zwar Ruhe aber auch Kontrollverlust bringen würde. 
Ich kann das nicht gut. Ich muss bereit sein, immer. Was, wenn was mit den Kindern ist, was, wenn was mit dem Mann ist, was, wenn ich das Haus verlassen muss, was, wenn ich Autofahren muss, was, wenn ich den Rauchmelder nicht höre, was, wenn…. Und bei Gott, ist das Zeug geil. Eine Viertelstunde nach der Einnahme gingen mir derart die Lichter aus, dass ich beim Aufwachen 14 Stunden später weder das typische Gefühl hatte, geschlafen zu haben, noch mich an Unruhe oder Träume erinnerte. 

Da war nur samtenes, tiefschwarzes Nichts. Wenn der Tod so aussehen würde - Hallelujah. Das wäre dann wohl der Inbegriff von ewigem Frieden.

Wir haben das nicht oft gemacht.
Es musste für mich stimmig sein, der Mann musste aufpassen, ich musste am nächsten Tag ausschlafen können, ich musste die Panik im Vorfeld bekämpfen können.

Nach kurzer Zeit stellte ich die kleine Dose Tabletten wieder in den Schrank, für Notfälle. Als Backup. Ich liebe Backups. 
Und so half sie mir im Endeffekt im Medizinschrank effektiver als wenn ich sie für den täglichen Gebrauch im Nachtschrank aufbewahrt hätte. Beruhigungsmittel, Antidepressiva, dasselbe. Ich schöpfe unendlich viel Kraft daraus, immer einen Plan B und C und D zu haben.

Und wenn die Zeit auch für sonst nichts gut war, dies habe ich mitgenommen. 
Es gibt etwas nach der Verzweiflung. 
Es gibt Mittel und Wege und Hilfe, wenn ich an dem Punkt bin, an dem es sich so anfühlt, dass nichts davon mehr existiert.

Kati 17.08.2023, 07.13 | (0/0) Kommentare | PL

Selbstmitleid

Ich suhle mich heute in dem zähen Morast meines fragilen Egos, das sich fragt, ob es überhaupt jemanden gibt, der mich vermisst, sich Sorgen macht, wissen will, wie es mir geht, das ganze Programm. Ich schreibe das auf, um es einzuordnen, brandzumarken und ein weiteres Stückchen zu reifen, erkenne ich doch immer zuverlässiger meine Mechanismen, so schmerzhaft diese Erkenntnisse mitunter auch sein mögen.

Was bin ich wert? ist meine Schlüsselfrage im Leben. Wann bin ich wertvoll? Was muss ich tun? Wieviel muss ich leisten, damit ich gemocht werde? 
Und nebenher entsteht gerade eine ganz zarte Verbindung zu jemand Unerwartetem, die ich mir lange als unsinnig eingeredet habe, obwohl ich da eine gewisse Sehnsucht gespürt habe.
Und auch hier wieder: Bin ich wertvoll genug? Reiche ich? Bin ich eine Zumutung?

Die, die ich in den nächsten Abschnitt mitnehme, werden im Wandel der Jahrzehnte zahlreicher. Und was mir vor 30 Jahren noch nicht wie Egozentrik vorkam, aber im Grunde genau dies war, ist die Formulierungsart der Frage. Wer darf mit? 
Heute lautet sie: Wer will das denn überhaupt?

Klebrig, hier unten in der Badewanne voller Selbstmitleid.

Mir fehlt gerade ein wenig die Zuversicht. 
Die letzte Woche war die emotional Härteste seit jenem Sommer vor 5 Jahren als sie gegangen ist.
Und ich bin wütend, weil ich mich nicht gesehen fühle. Alleingelassen bin in all dem seelischen Aufruhr, der in mir tobt. 
Finde keinen roten Faden in mir, an dem ich mich orientieren, kein Seil, das ich greifen und keinen Vorsprung, an dem ich mich festhalten kann.

Vielleicht ist es auch einfach okay, dass gerade so viel Einsamkeit, Trauer und Schmerz hochschwappen und ich einen Moment davon getragen werde.

Kati 16.08.2023, 12.09 | (25/0) Kommentare (RSS) | PL

Nebel [Wabern]

So langsam formt es sich.
Ich kann es noch nicht greifen oder sehen, aber spüren.
Das Trübe, in dem ich fische, fühlt sich allmählich so an, als würde es Gestalt annehmen wollen.

Ich überprüfe Domains, lösche alte Links, fülle meine Offline-Archive, mache Listen und bin gespannt auf den nächsten SocialMedia Abschnitt des öffentlichen Teils meines Lebens. 
Mein Unterbewusstsein wird den Namen irgendwann ausspucken, mein Gehirn gleicht derzeit einer gigantischen Mindmap, auf der das gesamte Vokabular mehrerer Sprachen in Kategorien geordnet und mit Assoziationen versehen wird.

Ich war MamaKati, Gedankenchaos, Cogitabilis, Frau Limette, Synapsenchaos und das Jadekompendium. Das Jadekompendium hat mich am längsten und intensivsten begleitet und es hat mich überrascht, dass es jetzt bereits endet, aber man muss aufhören, wenn die Zeit gekommen ist.

Immer.

Kati 15.08.2023, 17.29 | (0/0) Kommentare | PL

Übergang [Häutung]

Der Prozess, der seit Monaten in mir stattfindet und mich umtreibt, schlaflos hält, in Frage stellt, gipfelt und manifestiert sich äußerlich jetzt in nur einem einzigen Punkt: Dem Ende.

Das wird der Transformation in keinem Sinne gerecht, aber wie kann man das Innen auf das Außen projizieren, ohne seine Authentizität zu verlieren?
Gewisse Dinge müssen reifen. 
Vor aller Augen verborgen wandeln sie sich und evolvieren sie, bis sie bereit sind, ans Licht zu treten. Und dann scheint es für den Zuschauer vielleicht zunächst wie Willkür oder Zufall oder etwas ähnlich Unplanbares, doch ist es nur der Höhepunkt einer exakt so essentiell nötig abgewickelten Choreografie aus Erleben, Denken und Fühlen und damit der Beginn eines neuen Lebensabschnitts, nicht das Ende.

Die alte Haut abstreifen können hat mich immer fasziniert.
Alles, was sich im Leben transformiert - egal ob nun Larve zu Puppe zu Schmetterling oder das wortwörtliche Häuten der Reptilien, sie alle kommen in einer weiterentwickelten, größeren, glänzenderen Form zurück, um einen neuen Weg zu beschreiten, der ihnen vorher teilweise nicht einmal offenstand.
Das zu Tode abgenutzte und trotzdem immer wieder auferstehende Bild des Phoenix spiegelt die Entsprechung in der Sagenwelt wieder, aber der Teil mit dem in Flammen aufgehen war nie so ganz meins.

Ich mag die Verpuppung, finde den stillen Übergang und die Veränderung sehr viel reizvoller als die theatralische Dramatik des Augenblicks, bevor der Vogel im Grunde wieder genau das ist, was er vorher war.

Es ist wie es ist.
Es wird, wie es sein soll.
Alles bleibt anders.

Kati 14.08.2023, 12.04 | (2/0) Kommentare (RSS) | PL

Die goldene Gans

Die Worte stauen sich in mir und ich finde keine Gelegenheit, sie in Form zu gießen, weil die letzten Wochen emotional so dicht und belastend waren, dass ich nicht so weit runterfahren konnte, um mich in einen kreativen Zustand fallen zu lassen. Brauche Zeit und Raum, mich zu sortieren.

Ich „arbeite“ inzwischen jeden Tag mit meinem Geld und ich liebe es genauso wie damals, als ich vor 25 Jahren meine Eltern zur ersten Million investiert habe.
Das Glücksgefühl, das Wissen, die Technik - all das ist noch da und ich stehe zum ersten Mal in meinem Leben vor der ernsthaften Frage, ob es wirklich so verwerflich ist, dieses Geld für meine Zwecke zu instrumentalisieren.

Die letzten zwei Jahrzehnte mit dem Mann haben mein Weltbild so unumkehrbar verändert - MICH so unumkehrbar verändert, dass es vielleicht Zeit wird, auch diese letzte Überzeugung über Bord zu werfen, dass mich eigener Reichtum zu einem genauso schlechten Menschen macht wie es meine Eltern waren.

Ich kann, wenn ich mein Geld jetzt komplett spende, einer Anzahl x an Menschen helfen, ihr Leben nachhaltig zum Guten zu verändern.

Gleichzeitig ist eine der ersten Grundlagen, die man im Umgang mit Geld lernt, niemals seine goldene Gans zu schlachten.

Welchen Sinn hat es also, wenn ich es weggebe?
Der Umfang dessen, wie ich helfen kann, ist dann äußerst begrenzt.
Gleichzeitig steigen auch meine persönlichen Ressourcen und meine Resilienz mit finanzieller Absicherung in meinem Leben.
Wie sinnvoll ist es also, wenn ich beides wegwerfe? Nach all dem Kampf bis hierhin? Was habe ich dann gewonnen?

Warum behalte ich die goldene Gans nicht einfach in meinem Leben und verschenke die Eier?
Die Anzahl an Eiern kann ich aktiv beeinflussen.
Ich zahle so wenig Steuern wie sonst kaum jemand.
Ein Viertel muss ich dem Staat geben, der Rest gehört mir.

Wenn ich von meiner Gans jeden Tag ein Stück von 1000 Euro abschneide, bin ich in nicht allzu ferner Zukunft pleite.
Wenn ich jeden Tag für den Rest meines Lebens ein Ei von diesem Wert verschenke, kann ich dann nicht so viel mehr erreichen?

Ich kann ein System, das Armut zulässt, nicht verändern.
Nicht allein, nicht so. 
Aber ich kann es zu meinem Vorteil nutzen.

Mache ich mich damit mitschuldig? Ich weiß es nicht.

Kati 08.05.2023, 08.33 | (4/0) Kommentare (RSS) | PL

Ein Monat

Seit einem Monat bin ich reich.
Nicht, was Menschen in unreflektierten Superlativen unter reich verstehen, aber mehr als abgesichert in jeder Hinsicht.

Ich drehe mich noch. Manchmal ist es mehr ein Winden, ein Finden in einen alten Anzug, an vielen Stellen zu eng geworden, der kneift und völlig aus der Mode gekommen ist.
Ich wurde reich und privilegiert geboren. Materiell hatte ich als Kind alles, was sich ein Mensch nur wünschen kann.

Meine Familie kannte von allem den Preis und von nichts den Wert.

Mein Gehirn schafft es gerade nicht, die vielen losen Enden miteinander zu verbinden. 

Darf ich reich sein?
Darf ich im Überfluss leben, wenn es anderen Menschen nicht gut geht?
Darf ich meinen Reichtum vermehren?
Darf ich glücklich sein, nach allem, was ich in meinem Leben getan habe?
Wann ist Schuld bezahlt?
Kann man wiedergutmachen, was meine Familie an Unglück und Hass in diese Welt gebracht haben?
Und wie kann ich das tun?

Die letzten Jahre und Jahrzehnte habe ich gegen Windmühlen gekämpft.
Wann immer ich etwas Gutes tat, es hat gefühlt nichts verändert.
Beim leisesten Anflug von Zufriedenheit und dem Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, lauerte ein noch schlimmeres Schicksal an der nächsten Ecke.
Es nimmt kein Ende, nie. Natürlich kann ich jetzt jemandem ein Haus, ein Auto, Lebensmittel kaufen, einen Hund, eine Katze, whatever sein Leben gerade besser machen würde, aber wie wähle ich diese Menschen aus und was habe ich erreicht, wenn das Geld dann irgendwann alle ist? 

Nichts. Wieder nichts.

Es reicht, wenn du für einen Menschen einen Unterschied gemacht hast…

Was, wenn genau das nicht reicht?
Wenn man einfach gar nichts wirklich und nachhaltig verändern kann?

Kati 14.04.2023, 09.51 | (11/0) Kommentare (RSS) | PL

Die Vorzeichen [Teil I]

Ich bin ein sehr vernunftbegabter Mensch. Nicht ohne Drama, aber doch durchaus vernunftbegabt. Ich weiß, dass es einen Namen für das Universum gibt, in das ich eingetreten bin, wenn ich mit meiner Großmutter mütterlicherseits zu tun hatte und der lautet: Aberglaube.

Nun verhält es sich mit Aberglauben aber so, dass er sich jedem logischen Denken erstmal verweigert. Programmierung von Kindern tut dann noch das Ihre dazu. Viele von uns kennen in der „Light“-Version auch als Erwachsene noch das schlechte Gewissen, wenn uns etwas Schlechtes widerfährt, weil wir als Kinder gelernt haben, dass „Der liebe Gott die kleinen Sünden sofort bestraft“ oder dass „Karma regelt“.

In einer pathologisch mystischen Welt aufzuwachsen, in der grundsätzlich alles ein Zeichen ist, ist maximal schwierig. Der Rabe da oben auf dem Dach? Jemand stirbt. Die schwarze Katze? Tod und Pech. Der Ruf eines Kauzes? Stirb. Eine Frau wünscht dir Glück? Schnell ins Haus verkrümeln. Über einen Kreuzschatten gehen? Um Himmels willen, leg dich gleich ins Grab. Bestimmte Schmetterlinge oder Spinnen? Dito. Mit dem linken Fuß aufgestanden? Nimm dir nichts vor, halt dich von deinem Partner fern. Vollmondtage? Jetzt wird's richtig wild.

Und da sind wir noch gar nicht bei abgebissenen Mausteilen und Eingeweiden zur Behandlung von Krankheiten.

Ich wurde mit einem sehr großen Blutschwamm geboren, der - Überraschung - natürlich ein Zeichen des Teufels war. Ich habe Augen, die in der Sonne fast orange leuchten - auch nicht gut.
Als ich als Kind mal eine Warze am Fuß hatte, die jeder Hautarzt gut hätte behandeln können? Kati wurde bei Vollmond in den Wald geschleppt, mit Tau gereinigt und in mit gegen die Strömung geschöpftem Flusswasser gewaschen, hat an einem Baum geleckt und wurde mit frischem Tierblut eingerieben. Danach wurde die Warze regelmäßig „besprochen“. Es hat sie leider nur nicht interessiert. Das war natürlich meine Schuld, weil mir der Glaube fehlte, also auch dafür wurde ich dann logischerweise mit dem Weiterbestehen der Warze bestraft.

Meine Hautkrankheit wurde mit Maschinenöl behandelt. Das hat nämlich dem Onkel einer verstorbenen Witwe, die damals einem Schäfer begegnet ist und danach ein rothaariges Kind bekommen hat, super geholfen.
Ausschlag bei Viruskrankheiten, die ich ja ohnehin alle ungeimpft durchmachen musste, weil das das Immunsystem stärkt? Wir schneiden einfach die Haut ein und werfen das Kind in kaltes Meerwasser, damit das Salz alles Teuflische wegbrennt.
Fieber? Husten? Lungenentzündung? Eisbaden. Bei Vollmond.

Bei jedem Besuch wurden meine Handlinien ausgiebig gemustert, mit viel Gemurmel und unheilschwangerem Klagen ausgelesen und geweint, warum ich so ein Unglückskind sei.
Das macht was mit Kindern. Bei allem, was mir später widerfahren ist, war mir klar, dass ich für irgendetwas bestraft wurde. Also war es ja auch nicht falsch. Ich wusste zwar nicht, wofür ich bestraft werde, aber ich würde es schon verdient haben. Die grundlegenden Prinzipien von Karma und Zeichen und Vorahnungen und Prophezeiungen wurden mir schließlich von Geburt an nachhaltig eingetrichtert.

Ich habe sehr viele sehr liebevolle Erinnerungen an meine Großmutter und ich bin stolz auf meine Herkunft. Auf diesen Teil hätte ich trotzdem gerne verzichtet. Als sie früh an Krebs starb, war ein Teil von mir froh, dass ich keine Angst mehr vor ihr würde haben müssen.

Je älter ich wurde, desto mehr stellte ich in Frage. Je mehr ich sah, wahrnahm, wie ungerecht und unfair das Leben nun mal ist, desto mehr zweifelte ich. Warum sterben Kinder im Mutterleib? Warum erkranken Babys? Warum müssen unschuldige Kinder leiden? Wenn das einen „Grund“ haben sollte, würde er sich mir nie erschließen. Wenn eine höhere Instanz aktiv dafür sorgte, dass jeder kleine und noch so menschliche Fehler bestraft würde, wäre das keine Instanz, der ich mich freiwillig unterstellen würde.

Noch später schaffte ich einen weiteren gedanklichen Schritt. Wenn doch alles bestraft würde - warum kamen dann oft die grausamsten Menschen mit ihren Taten davon? Warum wurden Verbrecher so alt? Warum blieben Menschen glücklich und gesund, die andere Menschen ins Verderben gestürzt hatten?
Warum werde ich mit einem Unfall dafür bestraft, dass ich vom Kuchen genascht habe und Menschen, die anderen Menschen absichtlich wehtun, leben unbehelligt ihr Leben weiter?

Es sollte noch sehr lange dauern, bis ich das sortiert bekommen würde.
In der Zwischenzeit hatte ich Geld im Portemonnaie, falls der Kuckuck rufen sollte, machte Umwege um Leitern, schwarze Katzen, Spiegel und Eulen, machte Dinge lieber mit linken Händen oder rechten Füßen, am liebsten bei Vollmond oder auf gar keinen Fall währenddessen, freute mich über jede Bachstelze, sprach nicht mit ihrem Namen von Verstorbenen, warf Salz über Schultern, spuckte auf Dinge, hielt mich von Blumen auf Friedhöfen fern, legte niemals eine offene Handtasche auf den Fußboden, sah mir grundsätzlich keine Handflächen von Menschen an und klopfte viel auf Holz.

Das Leben im Aberglauben, wenn er so sehr Obsession ist wie das bei meiner Großmutter und ihrer Familie der Fall war, ist kein sehr Entspanntes. Es ähnelt einem Spießrutenlaufen um jedes mögliche Zeichen, um bloß nichts zu übersehen. Weder im Guten noch im Schlechten.

Der kupferne Glückspfennig auf dem Weg, das Hufeisen, das Kleeblatt, das man womöglich übersehen würde, zerbrochene Dinge bitte nur aus Keramik, auf gar keinen Fall aus Glas, sonst wird aus Glück plötzlich Unglück oder im schlimmsten Fall des Spiegels zerreißt es auch noch über Jahre deine Seele in so viele Abbilder wie Scherben - es ist sehr anstrengend, die Omen alle zu sehen und dabei das Schicksal nicht zu verstimmen.

Während ich dies schreibe, überlegt ein Teil von mir, wie wahnsinnig oder zutreffend es ist, diesen Text an einem 13. zu veröffentlichen.

Kati 13.04.2023, 10.46 | (5/0) Kommentare (RSS) | PL

Wachstum.

Garten. Endlich wieder in den Garten. Gestern kamen die letzten Pflanzen, die ich im Januar vorbestellt hatte und unter anderem auch die vier Rosen, die auf den Gräbern von Kasimir und Schnuppe wachsen sollen.

Das Buddeln im Garten tut so gut.
Endlich wieder Wachstum und Leben nach all dem Tod und Verfall der letzten Monate.

Ich habe lange überlegt, was ich mit dem Geld mache, wenn es erst mal da ist und dachte, ich würde es handhaben wie üblich. Aber ich habe die letzten Jahre Revue passieren lassen und nichts von alledem (bis auf ein paar Ausnahmen) hat mich wirklich befriedigt. Ich liebe helfen, aber ich vermute, ich bin deutlich weniger altruistisch als ich dachte.

Seit 15 Monaten kaufe ich jeden Tag einem fremden Menschen etwas von seiner Wishlist und dieses Jahr wollte ich das fortführen, aber hier menschelt es bei mir gerade deutlich. Darum habe ich es gestoppt. Ich mag kein Riesenbohei, aber ab und an ein Danke wäre nett gewesen oder zumindest das Wissen, dass es angekommen ist oder… ach, die Liste ist lang.

Rechnungen, die ich übernommen habe, egal ob Stromnachzahlung, OP-Kosten für Tiere, Hilfsmittel für alte Hunde, Anwaltssuche… die Tausender, die da über den Tisch gingen, waren die unbefriedigendsten.
Und ich habe den Anspruch an mich selber, dass es reicht, dass ich (vielleicht) einen Unterschied mache, aber ich fürchte, ich habe mehr als nur ein Minimum an Ego in der Hinsicht.
Vielleicht einfach nur die Rückmeldung, dass es nicht egal war.
Aber auch das ist in vielen Fällen zu viel verlangt.
Offensichtlich. Ein Geschenk ist ein Geschenk.
Kein Handel.
Meine oberste Richtlinie.
Aber wenn es doch als Selbstverständlichkeit betrachtet wird - ist es dann überhaupt noch ein Geschenk?
Ich muss an diesem Punkt in mich gehen.

Ich denke, ich habe meinen Beitrag geleistet, was weitestgehend fremde Menschen angeht und die Frage, wie man Schuld sühnen kann, ist immer ein Thema in meinem Leben.
Vielleicht wird es Zeit, sich wieder in kleineren Kreisen zu bewegen. Denn das ist da, wo meine Freude aufleuchtet. Das widerspricht elementar dem Anspruch, dass ein Geschenk keine Gegenleistung erfordert, aber ist es denn wirklich schlimm, wenn ich Zufriedenheit daraus ziehe, dass jemand anderes sich freut?
Was ist noch Empathie, wo fängt der Narzissmus an?
Grau. Ich muss im Grau bleiben.
Vielleicht ist auch das hier nicht schwarz und weiß.

In der Zwischenzeit arbeitet das Geld für mich und ich tue das, was ich gut kann und mir so lange verboten habe: Ich vermehre es. Jeden Tag ein bisschen. Auch das ist vielleicht eine Erkenntnis, die bis heute reifen musste. Ich darf reich sein. Ich darf mich reich fühlen und ich darf Spaß daran haben, mit Geld zu arbeiten und es zu besitzen ohne moralisch gleich der letzte Arsch zu sein.

In letzter Zeit wieder ein paar zu viele spitze Bemerkungen zum Thema Hausfrauendasein gehört, die ich für mich noch verarbeiten muss.
Ja.
Was mache ich schon den ganzen Tag…

Kati 17.03.2023, 10.23 | (6/0) Kommentare (RSS) | PL

Öffentlich

In den letzten Wochen war da so viel Häme, so viel offener Hass, so viel Ablehnung, so viel Drohung, dass ich sehr damit gehadert habe, sichtbar zu sein.

Einige nachhaltige persönliche Enttäuschungen, die mir nur ein weiteres Mal gezeigt haben, wie egozentrisch und unsicher Menschen sind und wie schnell sie dir den Rücken kehren, wenn du dich nicht verhältst, wie sie es gerne hätten, wobei sie selber diese Freiheiten natürlich einfordern und sich zweifelsohne zugestehen. Wenn jemand anders verletzt wird, muss er halt damit klarkommen, aber wenn es einen selber mal trifft, dann muss sich bitte die Welt neu ausrichten.
Menschen, die immer gerne alles nehmen, was ihnen zum Vorteil gereicht, aber wehe, es kommt zu irgendeiner Art von Einschränkung der eigenen Bequemlichkeit oder des besteht die Notwendigkeit, mal kurz über den eigenen Tellerrand zu schauen.

Die offen zur Schau getragene selbstverliebte Bigotterie einiger Menschen macht mich fertig. Vermeintlich unfehlbar zu sein und gleichzeitig auf dem hohen moralischen Ross sitzend alle anderen dafür verurteilen, dass sie es nicht sind.
Ich bin so durch mit Menschen.

Ich weiß nicht, warum jemand mich mögen könnte. Es erschließt sich mir nicht. Ich bin so unperfekt, so strauchelnd, fehlbar, ich sehe weder besonders gut aus noch habe ich für irgendein Problem eine Lösung, auf die nicht schon Millionen Menschen vor mir gekommen wären, ich habe eine problematische Vergangenheit, ich bin innerlich so kaputt, dass ich meiner Umgebung maximal so etwas wie Sensationsgeilheit unterstelle, aber Sympathie?

Man braucht ein dickes Fell, wenn man öffentlich ist und je mehr Leute zuschauen und sich ein Urteil bilden, desto mehr muss man sich abgrenzen. Aber das kollidiert maximal mit meinem Bedürfnis, sichtbar, offen, verletzlich und zugewandt zu bleiben. Was mache ich also?

Ich habe noch keine Antwort gefunden.
Es gibt natürlich die, die vom Drama angelockt werden. Die, die nachfragen, täglich, mehr Informationen wollen. Die, die Geld wollen. Die, die einen Rat wollen, die sich von meiner Größe angezogen fühlen und auch mal mit der supercoolen Jadekompendium interagieren wollen und alles davon macht mich fertig. Ich bin nicht besonders. Ich will keinen Fame, keinen Jubel. Aber ich mag auch nicht nur Projektionsfläche für das sein, was Menschen in mich hineininterpretieren. Die Anliegen, die jeden Tag mein Postfach überschwemmen, überfordern mich.

Dann denke ich an die Menschen, die ich hier kennengelernt habe und auf die das nicht zutrifft. Meinen Elch in der Dose. Mein Holzkreuz. Die Briefe. Die Hummel und der Bär in meiner Handtasche. Die vielen zugewandten und aufrichtigen Worte, die wie Balsam für meine Seele sind. Meinen abendlichen SafeSpace, der aus einigen Menschen besteht, die ich bei einer ZombieApokalypse definitiv an meiner Seite haben wollen würde. Die Echten. Die, die bleiben werden.
Und ich weiß wieder nicht, was ich tun soll.

Der Mann und ich haben die Abmachung, dass wir jederzeit alle öffentlichen Brücken hinter uns abbrechen können und keinerlei qualitative Einbußen in unserem Leben hätten und das ist der Punkt, der mich davon abhält, dem Wahnsinn anheim zu fallen. Ich kann jederzeit alles löschen, verschwinden, neu anfangen oder auch nicht, es macht keinen Unterschied.

Die Wichtigen werden bleiben.

Kati 16.03.2023, 08.04 | (8/0) Kommentare (RSS) | PL



Das Tragische an diesem Leben ist nur, dass es auf einer wahren Geschichte beruht.

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